Rezension

Plädoyer für Mitmenschlichkeit

Das Haus der Frauen - Laetitia Colombani

Das Haus der Frauen
von Laetitia Colombani

"Das Haus der Frauen" von Laetitia Colombani ist eine Homage der Kraft und Zähigkeit von Frauen.

Was mir besonders schön an dem Cover gefällt, ist der Wiedererkennungswert der Romane von Laetitia Colombani. Auch der erste von ihr auf deutsch erschienene Roman "Der Zopf" hat ein ebenso wunderschön gestaltetes Cover mit Gold-Akzenten. Gleich auf den ersten Blick bin ich so auf diesen zweiten Roman aufmerksam geworden und wurde nicht enttäuscht.

Der Schreibstil, die Charaktere und die Gesamtaussage des Buches sind gewohnt stark. Die Autorin arbeitet mit klaren, aber dennoch intensiven Beschreibung.

Die Geschichte beginnt mit der Vorstellung von Solène. Sie hat ihr bisheriges Leben verbissen als Anwältin gearbeitet, um dem Ideal ihrer Eltern zu entsprechen. Irgendwann fehlt ihr die Kraft, um weiterzumachen und sie erhält einen einschneidenden Rat von ihrem Psychiater: "Sie durchlaufe[n] eine Sinnkrise. [...] In solchen Situationen hilft es, sich selbst aus dem Fokus zu nehmen, sich anderen Menschen zu öffnen, man muss wieder einen Grund finden, morgens aufzustehen. Sich nützlich zu fühlen, sich für eine Sache zu engagieren, anderen zu helfen, könnte einer sein." Solène beginnt auf diesen Rat hin als öffentliche Schreiberin im Haus der Frauen in Paris.

Damit entfaltet sich ein eindrucksvoller, zweiter Handlungsstrang um Blanche und Albin Peyron. Nach und nach erfährt man beim Lesen, wie die beiden im Jahr 1925 gekämpft haben, um den Palais de la femme zu eröffnen. Geschickt werden hier fiktive Figuren und Ereignisse mit realen zu einer stimmigen Geschichte verwoben. Neben Blanche und Solène, den beiden Frauen, die unverkennbar im Fokus stehen, werden auch einige weitere Frauen vorgestellt und ihre tragischen Schicksale geschildert. Die Darstellung erfolgt dabei eher nüchtern und kurz, so dass ich emotional nicht so ergriffen war, wie es hätte sein können. Leider fehlt in der gesamten Erzählung nahezu völlig die direkte Rede und die Ich-Perspektive, was es schwer machte, sich emotional den Charakteren intensiv zu nähern. Dennoch regt das Buch mit den tragischen Schicksalen der Frauen, dem großen Mut und dem Einsatz von Blanche und Albin, der allmählichen Veränderung von Solène an, sich selbst einmal aus dem Fokus zu nehmen und Dinge gerade nicht nur intellektuell wahrzunehmen, sondern sich auch emotional einzufühlen. Der Leser selbst ist gefragt, die Geschichte für sich umzusetzen und zu intensivieren.

Die Botschaft des Buches ist eine wichtige: "Man darf nicht unterschätzen, was kleine Gesten oder ein Lächeln vermögen, sie haben große Wirkung." Wenn jeder ein wenig über sein Umfeld hinausblickt und nur ein wenig Zeit und Kraft opfert, ohne dafür die Hand aufzuhalten, kann das enorme Auswirkungen für eine andere Person haben.

"Das Haus der Frauen" von Laetitia Colombani lässt zwar an Tiefe, Emotion und Ausführlichkeit noch einiges an Luft, setzt aber dennoch deutlich das versprochene "Plädoyer für mehr Solidarität". Ich kann eine Leseempfehlung für Leser aussprechen, die sich mit sich und ihrem Umfeld einmal kritisch auseinandersetzen und sich zu kleinen Veränderungen motivieren lassen möchten.