Rezension

Plus und Minus ergeben eben doch ein Gleichgewicht

Meine Checkliste zum Verlieben - Anja Janotta

Meine Checkliste zum Verlieben
von Anja Janotta

Bewertet mit 4 Sternen

Schau hinter die Fassade, um den Menschen zu verstehen – Message angekommen

Allgemein:

Der Roman der erfahrenen Jugend- und Kinderbuchautorin Anja Janotta erschien Anfang 2019 im Magellan Verlag und erzählt die Geschichte von Naomi, die sich nichts mehr wünscht als ihrem Schwarm Gustav ins Auge zu fallen und beliebter als jetzt zu sein. Wie gut, dass ihre Mutter seit der Abwesenheit ihres Vaters so viele Ratgeber im Haus hat! Mittendrin findet Naomi 36 Fragen, die sich zwei Menschen gegenseitig beantworten müssen und WUMS sind sie ineinander verliebt. Doch bevor sie ihr Glück an Gustav versucht, muss Adrian zum Test herhalten. Adrian, der Aspi, Adrian, der in der Rangliste ganz unten steht.

Mein Bild:

Und wieder lag ein Knallbonbon von Buch in meinen Händen. „Meine Checkliste zum Verlieben“ fällt mit seiner total „lovely“ Gestaltung auf. Es wirkt fast schon zu viel, aber es passt zu der 13-jährigen Protagonistin Naomi. Knapp 300 Seiten begleitete ich sie und ihrer Abarbeitung der 36 Fragen, die den Weg zur großen Liebe ebnen sollen.

Ich tat mich zu Beginn wirklich schwer mit ihr und der Art wie sie mir ihre Geschichte verkaufte. An sich schreibt sie ihrem „Paps“, der irgendwo auf der Welt rumschippert, eine lange Mail. Darin erzählt sie ihm, was passiert, seit sie sich vorgenommen hat, die 36 Fragen zu testen.

Nur geht diese Facette des E-Mails-Schreibens total unter. Es fällt höchstens auf, wenn sie ihren „Paps“ mal direkt anspricht. Noch dazu weiß ich bis heute nicht, ob sie die Mail je abgeschickt hat... Meiner Meinung nach hätte man das versuchte E-Mailformat einfach weglassen können, da es für die Handlung keine Relevanz hat.

Naomi selbst hat ein ganz schön loses, manchmal auch primitives Mundwerk und zeigt sich eine Zeitlang recht oberflächlich. Ihr ging es sehr darum, wie sie am schnellsten in der Klassenhierarchie aufsteigen kann. Denn als (immer noch) Neue in der Klasse nimmt sie gerade mal den Vorletzten Platz ein und das wurmt sie ziemlich. Ich gebe zu, so ist es bei mir in der Schule auch gewesen und erst später habe ich erkannt, dass es um mehr geht als zu den beliebtesten Schülern der Klasse zu gehören. Von daher ist schnell klar, worauf der Plot hinausläuft. Doch es kommt ja immer auf das WIE an! Und das hat mir sehr gefallen.

Denn bevor sie ihrem Schwarm Gustav die 36 Fragen, die jemanden in einen verliebt machen, stellt (und sie vermutlich in der Hierarchie nach oben katapultiert), muss ein Versuchskaninchen her. Gezwungenermaßen fällt die Wahl auf Adrian. Bekannt als Menschenallergiker, der immer voll neben der Spur ist, Adrian, der Aspi. Boah, fand ich das unsensibel, aber andererseits: Sind Kinder bzw. Jugendliche nicht manchmal so herzlos? Mobbing ist ein allgegenwärtiges Thema, in jeder Altersstufe. Sich zu behaupten, trauen sich die wenigsten. Anja Janotta ist in ihrem Buch hervorragend damit umgegangen und zeigt Lösungen auf, die sich jeder auf die Fahne schreiben kann.

Weiterhin hat sie sich im Gegensatz zu mir umfassend mit der Krankheit Asperger auseinander gesetzt. Adrian ist eine außergewöhnliche Person, dessen Verhalten so emotionslos und sachlich daher kommt, dass die Situationskomik mich einfach überfallen hat. Adrian kann nichts dafür, so äußert sich seine Krankheit nun mal, aber Naomi steht für das totale Gegenteil mit ihrer emotionalen Ader, die unverblümt zur Geltung kommt. Welten treffen aufeinander. Mir persönlich hat es etwas zu lange gedauert bis genauer erklärt wird, warum Adrian sich so verhält. Durch den späten Background wirkten für mich einige Dinge, trotz der Situationskomik, unverständlich und grotesk. Genau wie für Naomi. Adrian ist trotzdem mein Lieblingscharakter, da er Anstöße zum Nachdenken gibt. Warum können wir nicht einfach objektiv sein? Warum stellen wir Fragen, auf die wir keine ehrliche Antwort hören wollen? Er möchte das Wechselspiel zwischen Herz und Verstand verstehen und gibt sich unheimlich viel Mühe. Selbst Naomi erkennt das an.

Es ist der Appell, nicht voreilig zu urteilen, dem Menschen eine Chance zu geben und sich selbst eine Meinung zu bilden. Ich finde Anja Janottas schrittweise Entwicklung zu dieser emotionalen Botschaft gelungen.

Fazit:

Eine Geschichte, die jungen Lesern ab 12 Jahren eine realitätsnahe und eindeutige Message, mit einer Portion Spaß und Kurzweil, vermittelt.