Rezension

Poetisch und philosopisch, aber auch sehr schwermütig

Die Hohen Berge Portugals - Yann Martel

Die Hohen Berge Portugals
von Yann Martel

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext:

Lissabon, Anfang des 20. Jahrhunderts: In einem sogenannten Automobil begibt sich der junge Tomás auf eine abenteuerliche Expedition in die Hohen Berge Portugals. Damit beginnt ein tragikomischer Roadtrip, der ein unvorhergesehenes Ende nehmen soll. Doch das ist erst der Anfang einer phantastischen Geschichte, die die Hohen Berge Portugals noch Jahrzehnte später umweht wie ein tragischer Zauber.
In seinem neuen großen Roman verknüpft Yann Martel verschiedene Fäden eindrucksvoll zu einem literarischen Wunder: ein unglaubliches und doch absolut glaubhaftes Meisterwerk über das Leben, den Tod und die Liebe – voller Weisheit und Witz.

 

Meinung:

Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger ist eines der Bücher, die mir in liebevoller Erinnerung blieben, auch wenn mich das Buch stellenweise entsetzt hatte. Groß war daher meine Freude als ich in den Verlagsvorschauen entdeckte, dass ein neuer Roman des Autors erscheint. Kein Wunder also, dass ich sehnsüchtig auf dieses Buch gewartet habe und dass meine Erwartungen dementsprechend hoch waren.

Im Jahre 1904 begleiten wir den jungen Tomás auf einer recht abenteuerlich anmutenden Reise quer durch Portugal. Tomás trauert um den Verlust seiner Geliebten und den gemeinsamen Sohn, die er beide an die Diphterie verloren hat. Aus Protest und wohl auch aus Angst geht er seitdem nur noch Rückwärts durchs Leben. In einem alten Tagebuch findet er einen Hinweis auf ein bedeutendes religiöses Artefakt, welches in den hohen Bergen Portugals, einer Hügelgruppe im Norden des Landes, zu finden sei. Von seinem Onkel leiht er sich daher eines der neuartigen Automobile und schlägt sich mehr schlecht als recht bis zum Ziel durch. Doch die Entdeckung dort wird sein Leben grundlegend verändern, ebenso das Leben der Pathologen Eusebios im Jahre 1938, sowie von Peter im Jahr 1981.

Yann Martels Protagonisten sind eigenwillig. So habe ich recht lange gebraucht, um mit Tomás klar zu kommen und auch bei Eusebios hat es etwas gedauert, bis ich mit ihm warm wurde. Bei Peter fiel mir das am leichtesten, war er doch die zugänglichste und offenste Figur von allen. Allerdings entspricht jeder Charakter dem Zeitgeist seines Jahrzehnts und der Autor zeichnet ein genaues, nachvollziehbares Bild über die jeweilige Epoche. Alle drei Protagonisten müssen sich mit Verlusten auseinandersetzen und alle drei scheinen irgendwie miteinander verbunden zu sein.
Martel lässt seine drei Protagonisten ihre Geschichte in der dritten Person erzählen, wobei es im Roman keine Kapitel gibt, sondern nur drei Hauptteile mit den jeweiligen Geschichten.

Wie schon Schiffbruch mit Tiger ist auch Die hohen Berge Portugals sehr philosophisch, symbollastig und spirituell. Yann Martel wirft wieder einige interessante Thesen in den Raum die zum Nachdenken anregen. Einige wenige heitere und witzige Momente im Buch wiegen aber leider nicht die vielen schwermütigen, fast schon verzweifelt wirkenden Szenen auf, die diese Lektüre insgesamt sehr schwermütig machen. Zwar hat Martel auch hier wieder einige Überraschungsmomente bereiten können, welche die fantastisch anmutenden Szenarien in einem anderen Licht erscheinen lassen, insgesamt haben mir die drei Geschichten aber zu wenig ineinander gegriffen und ich hätte mir gewünscht, mehr über die vergangenen Ereignisse zu erfahren und was aus den jeweiligen Figuren wurde. Auf Yann Martels Schreibstil muss man sich als Leser einlassen können, bis seine Wirkung sich entfaltet. Eingefangen hat der Autor mich damit aber wieder sehr. Ich empfehle hier, einen Blick in eine Leseprobe zu werfen, sollte man vom Autor noch nichts gelesen haben, denn der Erzählstil wird mit Sicherheit nicht jeden Geschmack treffen.

Vielen Dank an die S. Fischer Verlage für das Rezensionsexemplar.

 

Fazit:

Vielleicht waren meine Erwartungen an den Roman zu hoch, aber an Schiffbruch mit Tiger reicht Die hohen Berge Portugals leider nicht heran. Ich habe das Buch ein paar Tage sacken lassen müssen und lange darüber nachgedacht, was und wie ich meine Meinung dazu verfasse, was mir immer noch nicht leicht fällt. Die Geschichte ist speziell und hat durchaus ihren Reiz, ist insgesamt aber zu schwermütig ausgefallen und ich hatte den Eindruck, dass noch ein paar Erklärungen fehlen.

Von mir gibt es 4 von 5 Punkten.