Rezension

Poetische Sprache, fade Handlung

Verführung - Tanja Kinkel

Verführung
von Tanja Kinkel

Bewertet mit 3 Sternen

Tanja Kinkels Roman "Verführung" spielt im Italien des 18. Jahrhunderts. Die Protagonisten sind zum einen Angiola Calori, eine leidenschaftliche Sängerin, die ihren Weg an die Spitze sucht, und zum anderen Giacomo Casanova, "eine der wenigen nicht religiösen Figuren, deren bloßer Name international den meisten Menschen bekannt ist.“ (Zitat Kinkel). Beide haben große Ziele vor Augen, doch dass die Liebe füreinander diese beiden Verführer einholt, haben sie nicht erwartet.

 

Der etwas vage Klappentext nimmt nach wenigen Kapiteln Kontur an: Angiola liebt die Musik und das Singen, doch für Frauen gibt es im Kirchenstaat keine Möglichkeit, dies zu ihrem Lebensinhalt zu machen. Es folgt, was man schon aus so manchem historischen Roman kennt: sie gibt sich als Mann aus - genauer gesagt, als Kastrat. Genau dies kennt man bereits zur Genüge aus dem zehn Jahre älteren Werk "Die Kastratin" von Iny Lorentz, sodass es kein neues, frisches Motiv war.

 

Womit ich allerdings überhaupt nicht gerechnet habe, war die Leidenschaft zur Musik und zur Liebe, die vor allem Angiola in jeder Sekunde ausstrahlt. Leidenschaft für die Liebe hat natürlich auch Giacomo. So treffen zwei stürmische Charaktere aufeinander, die sich nichts schenken und es sich gegenseitig auch gar nicht so leicht machen: ein großer Unterschied zu anderen historischen Crossdressing Romanen. Überraschend für mich war außerdem eine nicht ganz unwesentliche erotische Komponente in Kinkels Erzählung. Nicht in so expliziter Sprache, wie man es aus manchem Erotikroman kennt, aber dennoch häufig und mit intensiven Beschreibungen.

 

Die Geschichte wird zum Teil im personalen Erzählstil aus Casanovas Perspektive geschildert, überwiegend steht allerdings Angiola im Mittelpunkt. Dabei ist das Buch in mehrere große Abschnitte unterteilt, je nach Rolle, die Angiola einnimmt: beginnend mit ihr selbst, "Angiola", über ihre Kastratenrolle "Bellini" bis zu weiteren Persönlichkeiten, die hier noch nicht erwähnt sein sollen. Ein sehr gelungener Aufbau, der dem Leser deutlich macht, wie stark Angiola die Personen annimmt und sich zu eigenmacht, sie lebt.

 

Sowohl von Angiola als auch von Giacomo lernt der Leser viel über die Liebe und das Leben. Dabei werden viele, fast schon poetische, Aussprüche getätigt, die man gerne liest, aufschreiben will und sich zu Herzen nehmen sollte.

 

Was in der ganzen Leidenschaft etwas untergeht, ist leider die Spannung. Es gibt eigentlich nur zum Ende hin eine etwas fesselndere Situation, während alle Handlungen vorher leidglich vor sich hinfließen und mehr die Probleme des Alltags und des Lebens umschreiben.

 

Insgesamt ist Tanja Kinkels Roman eine Ode an Liebe und Musik und kein Roman, der durch die tatsächliche Handlung glänzt. Was ich gelesen und gelernt habe, hat mir gut gefallen, dennoch hat mir die Spannung und die Unterhaltung gefehlt, sodass ich zu 3 von 5 Sternen komme.