Rezension

Politik, Wirtschaft und Menschlichkeit

Morenga - Uwe Timm

Morenga
von Uwe Timm

Bewertet mit 5 Sternen

Der bereits 1978 erschienene Roman spielt in Südwestafrika, heute Namibia, damals deutsches „Schutzgebiet“ (Kolonie).

Durch Landkäufe im Auftrag der Deutschen Kolonialgesellschaft wurden die Eingeborenen immer mehr aus ihrem Siedlungsgebiet zurückgedrängt und gerieten in wirtschaftliche Not. Infolgedessen kam es 1904 zum Herero-Aufstand gegen die Kolonialmacht. Nach dessen Niederschlagung und anschließendem Völkermord erhoben sich die Nama, damals in Deutschland Hottentotten genannt, in einem Guerillakrieg 1904 bis 1907. Auch hier kamen zahllose Nama ums Leben, insbesondere in den Internierungslagern und durch Zwangsarbeit. Der titelgebende Morenga war ein Kaptein der Nama, der seine Leute gegen die Deutschen führte.

Die Geschichte wird aus Sicht eines norddeutschen Militärveterinärs namens Gottschalk geschildert und durch das Zitieren historischer Dokumente belegt. Als das Buch entstand, war die Erinnerung an die deutsche Kolonialzeit noch positiv besetzt. Die Deutschen sahen sich als Kulturbringer, haben Eisenbahnen und Krankenhäuser gebaut. Die Ausbeutung der dort lebenden Völker und die Grausamkeit der Kolonisten wurden abgetan. Der Völkermord an den Herero wurde offiziell erst 2015 als solcher benannt.

Trotz der zitierten Dokumente ist der sprachliche Ausdruck im Roman faszinierend und nicht ermüdend. Man will wissen, was noch passiert. Timm erzählt auch zwischendurch kleine Anekdoten vom Missionarsfrauen und riesigen Schnapsfässern. Und die Religion bleibt nicht außen vor: „Es ist … nach fast hundertjähriger Missionsarbeit nicht gelungen, den Hottentotten zu einem disziplinierten Arbeiter zu erziehen.“ Die Demoralisierung des Protagonisten durch die vorgefundenen Zustände ist nachvollziehbar und eindringlich.

Es gibt auch einen Film auf Grundlage dieses Romans.