Rezension

Politisch aktuell, aber wenig unterhaltsam

Juli, August, September -

Juli, August, September
von Olga Grjasnowa

Bewertet mit 3 Sternen

"Juli, August, September" ist sicher hervorragend geschrieben und man sollte das Buch mehr als einmal lesen, um alle Anspielungen und Doppeldeutigekeiten der Autorin zu  verstehen. Thematisch und literarisch ist diese Lektüre anspruchsvoll, dass die Erzählerin zynisch ist, passt meiner Meinung nach auch, doch ich würde den Roman nicht als unterhaltsam im Sinne von heiter bezeichnen. Unter Unterhaltungsliteratur verstehe ich etwas anderes und wenn ich Olga Grjasnowas Neuling mit "Gewässer im Ziplock" vergleiche, dann fand ich "Gewässer im Ziplock" weitaus unterhaltsamer zu lesen! Vor allem im zweiten Teil des Buches, in dem die Erzählerin verstärkt nach ihrer Identität sucht, die zwischen jüdisch, russisch und deutsch liegt, überwiegend ein melancholischer, ernster Ton, der mich eher deprimiert als unterhalten hat. Innerhalb der Familie der Erzählerin schwelen Unstimmigkeiten und Streitereien, deren Ursprung bis in die Zeit des Holocausts zurückreichen, und auch die Ehe der Erzählerin hängt am seidenen Faden. All diese Probleme machen den Roman zwar zu einem wichtigen und gehaltvollem Werk, aber dennoch konnte ich mich aufgrund der Stimmung der Erzählung nicht richtig für "Juli, August, September" erwärmen.  Wer unterhaltsamer über die Identitätssuche deutscher Juden (oder jüdischer Deutsche?) lesen möchte, sollte meiner Meinung nach eher nach "Gewässer im Ziplock" greifen.