Rezension

Polizeiarbeit aus der "Innensicht"

Polizei am Limit - Nick Hein

Polizei am Limit
von Nick Hein

Die Übergriffe der Silversternacht 2015/16 in Köln bieten den Anlass für die kritische Auseinandersetzung mit der Arbeit der Polizei und ihren begrenzten Möglichkeiten.

Nick Hein, selbst ehemaliger Bundespolizist mit Haupteinsatzort "Hauptbahnhof Köln", weiß wovon er spricht. Das merkt man. Er lässt die Leser teilhaben an seinen Einschätzungen und Erfahrungen als Polizist an einem, so wie er es hervorhebt, ganz besonderen Einsatzort mit speziellen Erfordernissen.
Erfordernisse, die den Polizisten als Beamten und Menschen in besonderem Maße fordern und die den Finger in die Wunde legen: "Polizei am Limit".

Abstand nehmend von politischen Strömungen zeigt Nick Hein aus seiner Erfahrungs- und Kenntniswelt die guten und motivierenden Seiten der Arbeit eines Politzisten auf, vor allem aber auch die Kehrseite: ruinöse Personalpolitik (trotz aller gegenteiligen Bekundungen der Politik), veraltete Ausbildung und Ausrüstungsmängel, die eine moderne Polizeiarbeit konterkarrieren.
Polizeiarbeit als Grenzerfahrung, bedingt durch eine Arbeit auf dem Präsentierteller mit allem Wohl und Wehe, damit setzt sich ein Insider auseinander. Er kann es sich mittlerweile leisten frei von der Leber zu reden; unterliegt er doch nicht mehr den Zwängen des Beamtenrechts.
Beeindruckend werden die motivierenden Seiten des Berufs einerseits angedeutet, andererseits die Kehrseite der Medaille dargestellt. Alleine gelassen, stets der Kritik ausgesetzt. Einerseits die Forderung nach Schutz und unbedingtem Einsatz für den Rechtsstaat, andererseits die stete Überwachung mit Argusausgen aus Sorge vor einem möglichen "Polizeistaat".

Ja, der Umgang mit unseren Staatsdienern und der Erwartungshaltung als "Freund und Helfer" der Nation ist allemal nicht immer fair und objektiv. Dies wird beim Lesen des Buches klar und deutlich. Viele der aufgezeigten Mängel lassen Kopfschütteln entstehen.
Die Erwartungshaltung an die Polizei als Vertreter des Staates für Sicherheit und Ordnung, als Exekutive im Sinne eines Gewaltmonopols, das der Staat nicht aus der Hand geben darf um seinen ureigenen, demokratischen Aufgaben gerecht zu werden (ansonsten werden weniger demokratisch gesinnten Gruppen Tür und Tor geöffnet, da ja ein "Selbstschutz" unerlässlich erscheint), wird von verschiedenen Seiten betrachtet.
Dennoch: manche Schlussfolgerungen machen die strikte Sicht von innen heraus deutlich - für Aussenstehende an der ein oder anderen Stelle (beispielsweise: Angriff auf die Polizei ist ein Angriff auf unsere Demokratie - so weit so gut -, dem mit aller Härte des Gesetzes Einhalt geboten werden muss. Aber ist ein Täter, der einen Polizisten im Dienst schädigt anders zu betrachten und juristisch zu belangen als ein Täter, der Gleiches mit einem nicht uniformierten Staatsbürger tut?)

Nick Hein stößt eine erforderliche Diskussion an. Ja: es gibt viel zu tun im Sinne der Polizei. Die (berechtigte) Forderung nach Schutz durch die Polizei ist kein Selbstgänger. Die Voraussetzungen und das Umfeld, auch die Arbeitsbedingungen, für die Polizeiarbeit müssen reformiert und verbessert werden!
Schärfere Gesetze dürften dazu nicht erforderlich sein, vielmehr die Bereitschaft zur besseren Ausstattung (auch personeller Art) und nicht zuletzt  ein vertrauensvolles Bekenntnis zur Arbeit der Polizei in und an unserem Gemeinwesen!
Das schließt die kritische Auseinandersetzung mit der Arbeit der Polizei durchaus ein - aber eben fair und nicht zuletzt auch mit der Bereitschaft, dass sie uns etwas wert sein muss - auch in finanzieller Hinsicht!

Dietmar Langusch