Rezension

Potential verschenkt

Oben in den Wäldern
von Daniel Mason

Bewertet mit 3 Sternen

Oben in den Wäldern – Daniel Mason

Dieses Werk hat mich leider sehr zwiegespalten zurückgelassen. Das erste Drittel ist absolut wunderbar, dafür reichen eigentlich fünf Sterne nicht. Denn der Autor zeigt hier so richtig was er kann und Schreiben kann er, das ist ganz unglaublich. Das Buch ist jedoch eher eine Aneinanderreihung von Geschichten und Texten. Nach dem ersten Drittel gibt es leider einen Bruch und es wird ein wenig langatmig, bzw. hat mich einfach weniger angesprochen. Im weiteren Verlauf spielen zunehmend spirituelle Merkmale eine große Rolle und das Ganze entwickelt sich eher in Richtung Grusel-/Geistergeschichte. Das habe ich nicht kommen sehen und war ehrlicherweise entsetzt darüber. Auch das Frauenbild wird immer fragwürdiger.

Im Mittelpunkt dieses opulenten Romans steht ein Haus. Ein abgelegenes Häuschen in den Wäldern Massachusetts. Über viele Jahre kommen und gehen die Bewohner. Mason erzählt von dem Soldaten, der eine Apfelplantage aus dem Boden stampfte, von seinen Töchtern, Zwillingen, die ihr ganzes Leben an diesem Ort verbringen. Von einem liebeskranken Maler und noch von so vielen Menschen mehr, deren Zuflucht dieses Haus oben in den Wäldern ist. Die Entwicklung des Hauses über die Jahrhunderte, sowie die Beständigkeit der Natur im Gegensatz zur Bedeutungslosigkeit des Menschen, sind wunderbar atmosphärisch ausgearbeitet.

Elegant und atmosphärisch ist der Schreibstil Masons und dabei sehr klug. Mühelos beschreibt er stilvoll die unterschiedlichen Charaktere und die sie umgebende, dominante Natur. Auch die amerikanische Geschichte spielt immer wieder eine große Rolle. Angefangen bei den Siedlerbewegungen und Indianerkonflikten bis hin zu den Rassenunruhen – all das spielt im Hintergrund eine Rolle, auch wenn praktisch keine Jahreszahlen genannt werden. Es ist ein anspruchsvoller Erzählstil mit vielen Anspielungen und detaillierten Naturbeschreibungen. Es wird ganz deutlich, dass diese überwältigende, zum Großteil noch unberührte Natur, soviel größer und mächtiger ist als der Mensch.

Das Haus und die Natur sind das verbindende Element für die ganz unterschiedlichen Geschichten, die in der Geschichte des Hauses immer wieder zusammentreffen. Ergänzt werden diese noch durch informative Texte zu Themen wie Obstbaumschnitt, Schafzucht, Baumschädlinge, Balladen, Gedichte und künstlerische Bilder. Dadurch entsteht schon etwas Unruhe. Ein einheitlicher Roman ist das nicht.

Wie eingangs bereits erwähnt, finde ich den Erzählstil von Daniel Mason ganz große Klasse. Die Fragmentartigkeit dieses Werks und insbesondere die inhaltliche Richtung, die es (ohne Not!) einschlägt, mochte ich jedoch leider gar nicht. Was hat er sich nur dabei gedacht, aus dieser tollen Idee eine Geistergeschichte zu machen? Gerade die zweite Hälfte dieses Romans habe ich kopfschüttelnd zugebracht. Wie schade!

Leider nur 3 Sterne.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 26. Februar 2024 um 10:01

So ein bisschen Geister hätte ich toleriert, aber nachher driftet er wirklich ab.