Rezension

Prinzipien christlicher Leiterschaft

Ruth und Billy Graham
von Hanspeter Nüesch

Bewertet mit 2 Sternen

Kurzmeinung: Es kommt darauf an, was man will. Als christliches Lehrbuch ist es in Ordnung. Nun wollte ich aber eine Biographie!

Hanspeter Nüesch fühlt(e) sich von Gott dazu berufen, eine Biographie des wohl bekanntesten Evangelisten und Erweckungspredigers des 20. Jahrhunderts zu schreiben, über Billy Graham. Dabei durften die Betrachtungen über die Frau an seiner Seite, Ruth Graham, natürlich nicht fehlen.

Eine Biographie im herkömmlichen Sinne bekommt man mit dem Buch aber nicht. Man kommt Billy und Ruth Graham und ihrer Familie auch nicht nahe, obwohl einige biographische Notizen den Anschein erwecken könnten. Die Grahams bleiben Lichtgestalten, anhand derer Hanspeter Nüesch zehn Grundprinzipien christlicher Leiterschaft zelebriert. Dabei wiederholt er sich leider sehr häufig.

Authentizität, Integrität und Disziplin zum Beispiel sind unerlässliche Pfeiler einer leitenden Tätigkeit. Aber auch selbstverständlich! Und wurden von Billy und Ruth vorbildlich ausgelebt. Viele Leiter christlicher Organisationen sind an moralischen Verfehlungen gescheitert und haben so ein schlechtes Licht auf das ganze Werk geworfen. Billy baute sich ein inneres und äusseres Sicherheitsnetz auf, damit ihm nicht dasselbe passiert.

Das Verdienst Billy Grahams ist nicht nur, vielen Tausenden von Menschen in zahlreichen Großveranstaltungen die Grundzüge des christlichen Glaubens nahe gebracht zu haben, sondern er hat sich auch für die Weltmission stark gemacht und Evangelische Weltkonferenzen gegründet, die es heute noch gibt und deren Arbeit weiterwirkt.

Der Autor zitiert viele Zeitzeugen, die Billy und Ruths guten Leumund bestätigen und die begeistert von ihrem Charisma berichten. Was auf der Strecke bleibt, ist das, was der Leser wissen möchte vom Leben dieses Paares, was hat sie beschäftigt, was hat ihnen Angst gemacht, Sorgen bereitet, worüber haben sie sich gefreut. Hier bleibt der Autor viel zu sehr im Allgemeinen. Auch die verschiedenen Lebensstationen kommen viel zu kurz. Stattdessen muss man sich, wie Götz Alsmann sagen würde, die xte "ultimative Lobhudelei" über das Paar anhören.

Die behandelten zehn geistlichen Prinzipien sind ja richtig, man kann aber auch die Bergpredigt lesen, das geht schneller. Als Biographie hat Nüeschs Buch auf ganzer Linie enttäuscht.

Fazit: Nüeschs Buch über die Grahams ist eher ein Lehrbuch über die Prinzipien christlicher Leiterschaft als ein persönliches Buch über Billy und Ruth. Es bleibt so sehr im Allgemeinen stecken, dass man über die beschriebenen Personen nachher fast genau so wenig weiß wie vorher.

Kategorie: Biographische Notizen. Sachbuch: Theologie. // Verlag: SCM Wiederauflage, 2018