Rezension

Probleme über Probleme ...

Willems letzte Reise - Jan Steinbach

Willems letzte Reise
von Jan Steinbach

Bewertet mit 3 Sternen

Bauer Willem aus Ostfriesland lebt schon lange allein, seine Frau ist vor 17 Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen und mit seinen beiden erwachsenen Kindern hat er so gut wie keinen Kontakt mehr. Jetzt ist er im Rentenalter und ahnt, dass er krank ist und nicht mehr lange zu leben hat. Aber vorher hat er noch einen Plan. Er möchte mit seinem 9jährigen Enkel Finn, den er gelegentlich betreut wenn seine Mutter keine Zeit hat, das John-Deere-Traktorenwerk in Mannheim besichtigen und anschließend am jährlichen Bulldog-Treffen in Speyer teilnehmen - und zwar mit dem alten Lanz Bulldog. Der Junge liebt Traktoren über alles und war ihm behilflich, den alten Trecker, der unbenutzt in der Scheune stand, wieder fahrbereit zu machen. Willem regelt alles, verkauft die Kühe, packt seinen alten Koffer und schließt den Hof ab. Jetzt könnte es losgehen – doch Finn ist während der Sommerferien im Ferienlager im Sauerland …

Laut Eintrag im Buch ist Jan Steinbach das Pseudonym eines, 1973 geborenen, erfolgreichen deutschen Schriftstellers. Nach Jahren in Berlin soll er einen Sommer in seiner alten Heimat auf dem Lande verbracht haben, was ihm die Anregung zu diesem Buch gab. „Willems letzte Reise“ ist der erste Roman unter diesem Pseudonym.

Eigentlich ein nettes Thema für ein paar unbeschwerte Lesestunden, sollte man glauben. Doch leider hat der Autor an familiären und anderen Problemen reingepackt, was nur irgendwie möglich ist. Alter, Krankheit, Unfalltod, Homosexualität und Scheidung, um nur einige zu nennen. Hinzu kommen Probleme in der Landwirtschaft, Entfremdung innerhalb der Familie, über Jahre hinweg nicht miteinander reden, wohin mit dem Kind nach der Trennung usw. usw. Hierbei sind die Gefühle und Gedanken des Kindes bemerkenswert gut heraus gearbeitet. Großen Raum nehmen auch Details und Erklärungen über Trecker, Bulldogs bzw. Traktoren ein. Wer auf diesem Gebiet sein Wissen erweitern möchte, sollte dieses Buch unbedingt lesen.

Der Schreibstil ist einfach, gut lesbar und besteht sehr viel aus wörtlicher Rede. Durch Willems Rückerinnerungen während der Reise springen die Zeiten kapitelweise hin und her. Dadurch erfährt der Leser wie es zu den einzelnen Situationen kam, die das Familienleben heute so sehr belasten. Man kann die Vergangenheit nicht ändern, jedoch Fehler und Missverständnisse in der Gegenwart bereinigen und für die Zukunft seine Lehren daraus ziehen, dies müssen sich alle Beteiligten während Willems Reise eingestehen. Vielleicht wird sich auch der eine oder andere Leser in der Geschichte wiederfinden und dadurch etwas in seinem Leben ändern können. Für Willem und seine Familie wird sich zukünftig vieles ändern …

Fazit: Keine große Literatur, aber unterhaltsam und eine gute Anregung zum Nachdenken!