Rezension

Profitgier und Elite.

Das Eis - Laline Paull

Das Eis
von Laline Paull

Bewertet mit 4 Sternen

Er hat nicht allen geneigten Rezensenten gefallen, dieser zweite Roman von Laline. (Den ersten las ich nicht). Ich finde ihn jedoch nicht schlecht. Er ist eher eine Charakterstudie der Reichen und noch Reicheren als ein Thriller. Wer mit dieser Erwartung liest, wird über Längen murren, von denen ich keine gefunden habe.

Sean Cawson ist einer, der sich nach oben geboxt hat. Er kommt aus einfachen Verhältnissen, das ist sein Manko, denn dies bedeutet, dass er nicht die Beziehungen hat, die die oberen Zehntausend an ihren Eliteuniversitäten untereinander knüpfen, ein Pfund, mit dem kräftig gewuchert wird. Aber Sean hat wenigstens einen Mentor.

Was Sean außer seinem krankhaften Ehrgeiz, reich zu werden und bedeutend zu sein, sonst noch hat, ist seine Freundschaft zu Tom, einem Umweltaktivisten und seine Liebe zur Arktis. Dorthin setzt er mit Hilfe eines Konsortiums, dem auch der Mentor angehört und eine Menge anderer bedeutender Leute, Midgard Lodge: „Ein Luxusrefugium an einem einzigartigen, inspirierenden Standort, mit einem garantiert hohen Sicherheitsstandard, das war es, was heutzutage die Realpolitik des ökologischen Fortschritts ausmachte.“

Laline Paull hat ihren Roman in einer nicht allzuweit entfernten Zukunft angesiedelt, in der die Polkappen geschmolzen sind und es keinen Nordpol mehr gibt, wo die Seefahrt die „transpolare“ Route nimmt, nämlich über die Arktis und nicht mehr über den Suezkanal.

„Das Eis“ ist weder ein Thriller noch eine Dystopie, sondern im weitesten Sinne ein politischer Roman. In angenehmer Sprache.  Paull beschreibt anhand eines einzigen Beispiels, wie es wirklich zugeht und wie das Wirtschaftsgefüge im Innersten funktioniert. Zugleich erinnert sie daran, dass Profitgier unsere Erde bald ruiniert haben wird.

Das Ende ist ein wenig dramatisch, es passt nicht ganz zur ruhigen Atmosphäre des restlichen Romans. Aber ist es wirklich unrealistisch?

Fazit: Ein politischer Roman, der die feinen Fäden des Klüngels der oberen Zehntausend ziemlich nüchtern auf den Tisch legt, was viel zu selten literarisch verabeitet wird. 

Kategorie: Gute Unterhaltung
Verlag: Tropen bei Klett-Cotta, 2018

Druck- und Grammatikfehler: 5

Kommentare

Emswashed kommentierte am 11. April 2018 um 08:18

Der überwiegende Teil Deiner Vorrezensenten hat aber auch 4 Sterne vergeben, nur müssen "Die Bienen" wohl eine ziemliche Steilvorlage gewesen sein, wo jeder Anschlussversuch eine gewagte Angelegenheit ist!

Als politischer Roman macht Deine Bewertung aber durchaus Sinn.

wandagreen kommentierte am 11. April 2018 um 08:44

Sehr richtig. Doch es gibt Rezensenten und Rezensenten. Und die geneigten und geschätzten sind eher kritisch.

Emswashed kommentierte am 11. April 2018 um 16:55

Jupp, da gebe ich Dir recht! Aber trotzdem bleibst Du eine Geneigte und Geschätzte. ;-)