Rezension

Qualityland

QualityLand - Marc-Uwe Kling

QualityLand
von Marc-Uwe Kling

Ich habe lange überlegt, wie ich diese Rezension schreiben soll, weil meine eigene Meinung so zwiegespalten ist. Ich bin - wie vermutlich viele - ein großer Fan der Känguru-Chroniken und habe Marc-Uwe Kling bereits diverse Male live erlebt. Als die Tickets für seine Qualityland-Lesung in Köln in den Verkauf gingen, habe ich sofort zugeschlagen. Ich bin mit hohen Erwartungen zu dieser Lesung gegangen und wurde nicht enttäuscht. Marc-Uwe Kling und Boris the Beast haben eine unfassbar gute Performance abgelegt. So gut, dass das Publikum wie bei einem Rockkonzert getobt hat, als das Qualitypad Pink das erste Mal gesprochen hat - nämlich mit einer Stimme, auf die alle den ganzen Abend gewartet haben. Nach diesem Abend war ich mir sicher, dass ich Qualityland lieben werde. Und die Idee ist ja auch großartig.

In der Zukunft leben die Menschen in Qualityland. Ihre Bestellungen kommen automatisch per Drohne (sie müssen nicht einmal bestellt werden, das System weiß, was du willst), bezahlt wird mit dem Qualitypad per TouchKiss, Menschen tragen den Beruf ihrer Eltern als Nachnamen, Autos sind selbstfahrend, das System sucht dir deine Freunde aus, das Leben wird in Sozialpunkten gemessen... Eine schaurige Dystopie. Dazu das Prinzip der personalisierten Literatur mit den zwei verschiedenen Ausgaben (optimistisch und apokalyptisch). Marc-Uwe Kling hatte wieder einmal eine grandiose Idee.

Aber der Roman selbst (ein richtiger Roman, kein Episodenroman wie bei den Känguru-Chroniken) ist nicht ganz so bissig, nicht ganz so scharfzüngig, nicht ganz so witzig wie die Känguru-Chroniken, denn lange gibt es im Plot keine Figur, die so schonungslos direkt ist wie das Känguru. Die Aufmachung ist wirklich toll, aber den Roman nur zu lesen ist kein Vergleich zu einer Live-Lesung von Kling.

Also habe ich mir, weil ich natürlich wissen wollte, wie es weitergeht, das Hörbuch besorgt. Aber auch hier war ich irgendwie ein bisschen enttäuscht. Vielleicht hätte ich nicht zuerst zur Lesung gehen sollen, aber andererseits wollte ich die Lesung völlig ohne Vorwissen erleben. Jedenfalls liest Kling das Hörbuch etwas anders als die Känguru-Chroniken, irgendwie fehlt das gewisse Etwas, die besondere Intonation. Und mir fehlen tatsächlich die Jingles, die Boris the Beast beim Liveauftritt eingespielt hat. Zum Reiseführer, der Werbung, den Nachrichten. Ich hab fest damit gerechnet, sie auch im Hörbuch zu hören.

Qualityland ist ein toller Roman und es finden sich dort allerhand Anspielungen (etwa wenn Karl das Auto behauptet, sein Ironiedetektor funktioniere nicht richtig). Live gehört macht es auch extrem viel Spaß. Das Buch besticht zwar durch seine Aufmachung, aber ich bleibe dabei, dass man Klings Bücher hören muss statt sie zu lesen,  und das Hörbuch ist nicht so gut wie ich es erwartet habe. Vielleicht bin ich aber auch nur so streng, weil insgeheim viel lieber einen vierten Känguru Band gelesen hätte...

(c) Books and Biscuit