Rezension

Rabenherz und Elsternseele

Himmelsfern - Jennifer Benkau

Himmelsfern
von Jennifer Benkau

Bewertet mit 4.5 Sternen

Magpie nennt sie Marlon, Magpie, die Elster. Denn Noa hat ihm was gestohlen, ihm, dem seltsamen Jungen, der alles Mögliche ist. Ausgerechnet sein Herz verliert er an sie. Und Noa wird aus ihm nicht schlau: Wer ist er? Entführer, Terrorist, ein Wichtigtuer? Auf jeden Fall mysteriös und wie es scheint, kann sie sich genauso wenig von ihm fernhalten wie er sich von ihr.

Was erst einmal wie der unheimlich kitschige Klappentext eines unheimlich kitschigen Liebesromans klingt, entpuppt sich in Wahrheit als viel, viel komplexer. (Und unter uns: als bedeutend besser als der Blödsinn, den der Verlag als Klappentext herausgibt, denn damit wird man extrem gespoilert. Ich fordere eine fürchterliche Strafe für den Verfasser desselben, die nicht unter ununterbrochenen DSDS-Gucken von zwei Jahren besteht. Mindestens!)

Doch zurück zur Geschichte. Da geht es rasant zur Sache. Noa, eine Siebzehnjährige aus einer nicht näher benannten, grauen Stadt, hat es echt nicht einfach. Zuerst gerät sie in eine U-Bahnentgleisung, und als wäre das nicht genug, hat sie kurz vorher eine Stimme in ihrem Kopf gehört. Sie überlebt nur, weil ein junger Mann sich auf sie geworfen und sie vor scharfkantigen Splittern bewahrt hat. Eben dieser junge Mann verschwindet wenig später aus dem Krankenhaus und auf der Suche nach ihm gerät Noa in eine undurchsichtige Geschichte aus unglaublichen Begebenheiten, in deren Verlauf sie nicht nur entführt wird, sich öfter auf der Flucht vor sogenannten Huntsmen, sondern auch in Beschuss und Lebensgefahr gerät. Sie erfährt von Dingen jenseits ihrer Vorstellungskraft und muss doch daran glauben, denn die Beweise liegen klar vor ihr. Im Endeffekt muss sie sich entscheiden - für eine Liebe ohne Chance auf Happy End oder Ignoranz. Doch Noa ist kein Opfer und das Spiel mit dem Feuer beherrscht sie, auch wenn die Angst davor ihr wohlvertraut ist.

Ein weiterer typischer Teenieroman, dachte ich, als mir dieses Buch in die Hände fiel. Bisschen aufgesetzte Rahmenhandlung, um irgendeine an den Haaren herbeigezogene Liebesstory zu rechtfertigen, samt ein bisschen Fantasy und Magie. Ach, wie schön, dass ich mich auch mal irren durfte! Welch eine willkommene Abwechslung im ewiglichen Einheitsbrei der Vampire, Werwölfe und millionenfach gelesenen Plots mit eben diesen erwähnten Voraussetzungen. Denn die Autorin (möge sie bitte weiterhin dieser Linie treu bleiben!) entwickelt einen selbst für mich neuartigen Plot mit einer gewissermaßen alt-neuen Spezies und dabei lässt sie kein Klischee aus, ABER (und möge man ihr doch bitte dafür den roten Teppich ausrollen) weist sie selbst darauf hin, dass es Klischee ist und verkehrt es ins genaue Gegenteil. Der Beginn der Lovestory zwischen Marlon und Noa war mir persönlich ein bisschen zu abstrakt - aber ich spiele auch nie mit dem Feuer, ganz im Gegenteil zur Hauptprotagonistin. Aber der Verlauf ebenjener, die Mischung aus realem Leben und dezent eingesetzter Fantasy, das Vorhandensein von Schwächen bei sowohl dem tollen Jungen als auch des Mädchens, all das hebt dieses Buch wohltuend von anderen Jugendbüchern ab.

Dazu kommt, dass man sich einer gewissen Sympathie für die (den) Antagonisten und der Gegenseite nicht erwehren konnte, denn tatsächlich gab es vor langer Zeit mal einen Grund für all die Feindschaft und den Hass zwischen den befeindeten Parteien. Die Autorin verfügt über einen Schreibstil, der es leicht macht, in das Buch einzutauchen, denn auch Nebenfiguren sind durchaus glaubwürdig und aus Antipathie konnte so im Laufe der Geschichte so viel Zuneigung entstehen, dass man auch mit ihnen mitleiden konnte. (Stichwort Corbin: Hab lange nicht mehr so geschluckt wie bei ihm.)

Was mir am besten gefallen hat, war, dass bei allen phantastischen Anteilen, die dieser Roman innehielt, immer realistische Varianten des Verlaufs gewählt wurden. Gerade in ausweglosen Situationen wurde keine Deus ex machina eingeführt, sondern nur eine von zwei realen Möglichkeiten gewählt: Entweder es funktioniert oder eben nicht, wie halt im wahren Leben. Im Endeffekt ist natürlich klar, dass es eine Möglichkeit war, die das Buch voranbrachte.

Fazit: Also, falls es irgendwer noch nicht bemerkt haben sollte - ich fand das Buch im wahrsten Sinne des Wortes phantastisch und ich schätze, sollte die Autorin vorhaben, aus dem Telefonbuch einen Fließtext zu machen, werde ich das wohl auch noch lesen müssen.

Kommentare

Simsalabim18282 kommentierte am 15. Februar 2015 um 21:26

Interessante Rezi, habe gerade richtig Lust auf das Buch bekommen :)