Rezension

Rache wird am besten eiskalt serviert

Geständnisse - Kanae Minato

Geständnisse
von Kanae Minato

Bewertet mit 5 Sternen

Kennt ihr das, wenn ein Buch schneller bei euch landet, als ihr darüber nachdenken könnt? So ähnlich ging es mir mit Geständnisse. Ich hab es im Bloggerportal gesehen, das Cover sofort geliebt und der Klappentext war ganz vielversprechend. Als es dann vor mir lag, hat es mich dann aber irgendwie nicht angemacht. Aber „Augen zu und durch“ war die Devise. Was dann kam, damit hatte ich nicht gerechnet.

Der Inhalt

Die kleine Tochter der alleinerziehenden Lehrerin Moriguchi ist im Schulschwimmbad ertrunken; ein tragischer Unfall, wie es scheint. Wenige Wochen später kündigt Moriguchi ihre Stelle an der Schule, doch zuvor will sie ihrer Klasse noch eine letzte Lektion mit auf den Weg geben. Denn sie weiß, dass ihre Schüler Schuld am Tod ihrer Tochter haben. Mit einer erschütternden Offenbarung setzt sie unter ihnen ein tödliches Drama um Schuld und Rache, um Gewalt und Wahnsinn in Gang, an dessen Ende keiner – weder Kind noch Erwachsener – ungeschoren davonkommt.

Mit immenser Sogwirkung und einem unbestechlichen Blick auf die menschlichen Abgründe erzählt die ehemalige Lehrerin Kanae Minato eine faszinierend-verstörende Geschichte voller unerwarteter Wendungen. Ein packender Roman, dessen Stimmen den Leser noch lange begleiten.
[ Quelle: C.Bertelsmann ]

Meine Meinung

Moriguchi ist Lehrerin einer siebten Klasse. Am letzten Tag des Schuljahres eröffnet sie den Kindern, dass sie im darauffolgenden Jahr nicht mehr an der Schule sein wird. Das hat damit zu tun, dass ihre vierjährige Tochter Manami erst vor einigen Wochen im Schulschwimmbecken ertrunken ist. Aber sie hängt ihren Job nicht wegen der erdrückenden Trauer, die sie unzweifelhaft begleitet, an den Nagel. Es ist Rache, die sie antreibt. Denn Moriguchi weiß, dass ihre Tochter nicht durch einen Unfall gestorben ist, sondern ermordet wurde. Und sie weiß auch: es waren zwei ihrer 13-jährigen Schüler, die sie umgebracht haben. Und da sie nicht an das herrschende Jugendstrafrecht glaubt, hat Moriguchi ihren ganz eigenen Plan ausgeheckt.

Moriguchi verschwindet dann erst einmal von der Bilfläche und durch ihr Rache setzt sie eine Kette von Ereignissen in Gang, die sich nicht mehr aufhalten lassen.

Das Buch beginnt mit einer Ansprache der Lehrerin, die sich über das komplette erste Kapitel zieht. Sie spricht dabei auch direkt einige Schüler an, die direkt vor ihr sitzen. Das fand ich im ersten Moment etwas gewöhnungsbedürftig. Die ersten 10-15 Seiten war ich mir sicher, dass dieses Buch mich nicht begeistern können wird. Doch dann beginnt Miroguchi zu erzählen… vom Tod ihrer Tochter, von ihren Gedanken und Gefühlen, von ihren Zweifeln daran, dass die Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt wird, auch davon, warum sie dieser Ansicht ist. Die Story wickelt einen schneller um den Finger als man schauen kann.

Und plötzlich kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es ist so unfassbar böse und erschütternd. Und das, obwohl mich an manchen Stellen eine kleine Stimme gestört hat, die mir einzuflüstern versucht hat, dass es doch vielleicht ein wenig unrealistisch ist. Aber hey! Zum einen lese ich hier ja keinen Erfahrungsbericht, sondern einen Roman und zum anderen: manchmal ist die Welt tatsächlich so krotesk, wie Kanae Minato es hier darstellt.

Da ich noch nie ein Buch eines japanischen Autors gelesen habe (zumindest könnte ich mich jetzt daran nicht erinnern), war ich anfangs skeptisch, ob das mit Minato und mir was wird. Und man merkt die doch abweichende Mentalität und Kultur an manchen Stellen. Aber das Setting passte einfach grandios zur Geschichte. Gerade weil die Schule in Japan ja wirklich nochmal einen ganz anderen Stellenwert hat als das bei uns der Fall ist.

Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, wobei sich jedes Kapitel grob um das gleiche Thema dreht. Doch in jedem Kapitel wechselt die Erzählperspektive und es kommt immer „etwas“ dazu. Man erfährt immer etwas mehr über die ganze Geschichte und vor allem bekommt man das Geschehene auch aus unterschiedlichen Sichten erzählt. Das führt dazu, dass man nichts als wahr hinnimmt, bis man es auch von der Person erzählt bekommt, die tatsächlich dabei war. Das machte das Ganze richtig prickelnd spannend.

Schließlich überraschte mich die Autorin mit einem recht ungewöhnlichen Spannungsbogen. Zu Ende des ersten Kapitels schießt die Geschichte direkt einmal durch die Decke. Ich hatte das erste Mal seit langem wieder diesen „Atemlos-Effekt“, den man kennt, wenn etwas in einem Buch vorkommt, das einen total umhaut. Dann schlägt die Geschichte allerdings ein etwas ruhigeres Tempo an und zieht zum Schluss hin wieder an. Durch diesen „Paukenschlag“ zu Beginn ist man als Leser aber hellwach und mittendrin. Es war einfach genial!

Mein Fazit

Ohne große Erwartungen, sogar etwas skeptisch, habe ich das Buch aufgeschlagen und es hat mich total eingefangen. Die Geschichte kannte ich so noch nicht. Und das ist ja zwischenzeitlich oft das Problem im Thrillerbereich. Man liest das Buch und denkt sich: die Idee hat Autor XY auch schon gehabt. Aber hier gibt es wirklich einmal etwas Neues zu entdecken. Hinzu kommt, dass Minatos Schreibstil ein ganz außergewöhnlicher ist, der mir persönlich zugesagt hat. Die Spannung war an genau den richtigen Stellen da. Alles in allem ein richtig, richtig gutes Buch!

 

© Nellys Leseecke  - Lesen bedeutet durch fremde Hand träumen
Vielen Dank an den C.Bertelsmann Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars

 

Kommentare

LySch kommentierte am 27. April 2017 um 08:52

Ich find die Rezi super! :) Macht Lust, das Buch zu lesen und beschreibt deine Meinung sehr gut! Nur den Klappentext UND die Handlung in deinen eigenen Worten finde ich persönlich doppelt gemoppelt... ;)
Ich bin aber auch noch hin- und hergerissen, ob ich es lesen soll...es hört sich doch sehr hart an und Thriller ist nicht so mein Genre...