Rezension

Raffiniertes und hochspannendes Szenario

Hochamt in Neapel - Stefan von der Lahr

Hochamt in Neapel
von Stefan von der Lahr

Bewertet mit 5 Sternen

»Der dumpfe Aufschlag war selbst in dem Polizeiwagen noch zu hören. Doch der Lieferwagen, der sein Opfer weit durch die Luft geschleudert hatte, bremste nicht, sondern beschleunigte und zog leicht hinüber zum Mittelstreifen, so dass er mit dem linken Reifen das Opfer überrollte und die Polizisten das Geräusch brechender Knochen vernahmen.«

Ein als Verkehrsunfall getarnter brutaler Mord beschäftigt Commissario Bariello von der römischen Polizei. Bei seinen Ermittlungen merkt er schnell, dass er es nicht nur mit einem Mord zu tun hat, sondern dass ihn bei diesem Fall noch ganz andere Dimensionen erwarten.

Zeitgleich sind in Neapel Weihbischof Montebello und einige Vertraute auf der Spur einer spektakulären Entdeckung. Dabei stoßen sie zu ihrem Entsetzen auf ein Verbrechen ungeheuren Ausmaßes. Montebello muss nicht nur das große Fest zu Ehren des Stadtheiligen San Gennaro vorbereiten, sondern auch verhindern, dass Neapel auf eine Katastrophe zusteuert.

 

Meine Güte, war das spannend! Ein großartiger und intelligenter Krimi, der mich von Anfang bis Ende fasziniert hat. Die zunächst zweigleisige Handlung läuft irgendwann zusammen, die „Guten“ kämpfen gemeinsam gegen die „Bösen“, wobei Letztere sehr stark sind und sich auf allen erdenklichen einflussreichen Positionen befinden. Camorra, korrupte Kirchenvertreter und reichlich skrupellose Menschen mit Macht und Geld spielen ein Spiel, das sie noch reicher machen soll und dafür vor allem unter der armen Bevölkerung Neapels Opfer fordert. Die Handlung ist fiktiv, aber man ahnt, dass so etwas geschehen könnte und vielleicht sogar geschieht – wer weiß das schon? Alles ist so gut und intensiv geschrieben, dass es höchst realistisch wirkt.

 

Auch die Geschichte rund um die spektakuläre Entdeckung ist sehr interessant. Sie würde Kirchenkreise, Geschichte und Archäologie betreffen, ist ebenfalls fiktiv, aber in einen Rahmen echter historischer Personen und Ereignisse so eingefügt, dass sie ebenfalls vorstellbar erscheint.

 

Bei den Charakteren der bösen Seite kann man sich beim Lesen fortwährend überlegen, wer von ihnen am schlimmsten, gemeinsten und skrupellosesten ist. An einigen Stellen bin ich richtig wütend geworden!

Die Charaktere der guten Seite sind vielschichtiger, sie haben menschliche Schwächen, einige auch Humor, sind teils sehr verschieden, aber alle recht sympathisch. Bei ihrem Bemühen, das Richtige zu tun, treffen sie manchmal fragwürdige oder nicht zu Ende gedachte Entscheidungen, auch das macht sie sehr menschlich.

 

Der Krimi ist durch die vielfältigen Verstrickungen, historischen Exkurse und immer wieder einfließenden fremdsprachigen Begriffe und Formulierungen durchaus anspruchsvoll zu lesen. Im Anhang finden sich neben Übersetzungen und Begriffserklärungen auch ein Personenverzeichnis, das Infos zu allen fiktiven und historischen Persönlichkeiten gibt und ein umfangreiches Quellenverzeichnis, das aufzeigt, wie gründlich der Autor recherchiert hat.

 

Fazit: Ich hatte großen Spaß an diesem Buch! Ein hochspannendes und raffiniertes Szenario im Umfeld von Kirche, Camorra, Politik und Kapital, das erschreckend vorstellbar erscheint.