Rezension

Rasantes Katz-und-Maus-Spiel

Mr. Mercedes, English edition - Stephen King

Mr. Mercedes
von Stephen King

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der pensionierte Ex-Cop Bill Hodges hat jeden Lebensmut verloren. Er vegetiert tagtäglich auf seiner Couch und schaut sinnlos Fernsehen. Seine Pistole jederzeit griffbereit. Jedoch krempelt ein Brief sein komplettes Leben um. Der Verfasser, welcher sich selbst Mr Mercedes nennt, ist kein geringerer als der Täter, des Falles, welchen Bill durch seine Pensionierung nicht abschließen konnte. An einen regnerischen und nebeligen Morgen raste der Mercedes-Killer, Brady Hartsfield, mit einem gestohlenen Auto in eine Gruppe von Menschen, die sich vor einem Jobcenter sammelten. Unter den Opfern ist auch ein Baby, was Brady nach eigenen Angaben, äußerst erfreute, als er davon in der Zeitung las.

Bill Hodges ist nun stärker, als je zuvor darauf aus, den Mörder zu fassen. In dem Chatportal "Unter Debbies blauen Regenschirm" stehen die beiden fast täglich miteinander in Kontakt. Bill beginnt die Jagd nach Mr. Mercedes, ohne zu wissen, das dieser einen weiteren - letzten -  Anschlag plant. Dieses Mal will er im ganz großen Stil töten und es nicht nur bei einer Handvoll Opfer belassen.

Stephen King´s Geschichten sind zeitlos. Egal, ob man seine Bücher vor 50 Jahren als Kind gelesen hat oder als Erwachsene heute. Sie sind immer spannend. Sie nehmen einen mit auf eine Reise, wenn auch nur für eine Woche oder ein paar Stunden. Man wird unheimlich gut unterhalten und für mich das Wichtigste: Man fühlte sich, als wäre man Live dabei. Fast so, als würde man im selben Wohnzimmer sitzen, indem der leicht depressive Ex-Cop sich eine Fernsehsendung nach der anderen anschaut. Dieses Gefühl begleitet einen stetig in Stephen King´s neuen großen Roman Mr. Mercedes.

Mr. Mercedes ist das dritte Buch von King, indem es sich (mehr oder in diesem Falle weniger) um ein Auto handelt. Nach Christine und Der Buick ein erneutes Buch, indem ein PKW ein böses Eigenleben entwickelt? Dies dachte ich zuerst, als ich erfuhr, wie sein neues Buch heißen wird. In Mr. Mercedes ist jedoch nicht das wild gewordene Auto in den Fokus gerückt, sondern dessen Fahrer, Brady Hartsfield.

Immer wieder erinnern mich die Handlungsstränge um Hartsfield an den wahrscheinlich berüchtigtsten Serienmörder der Literaturwelt: Norman Bates. Bradys Bindung zu seiner Mutter und seine Gedanken erinnern an Hitchcocks Film und Bloch´s Buch (Auffällig ist auch, dass sein Vater Norman heißt). Allerdings ist Hartsfiled seine ganz eigene Persönlichkeit, die einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

Es wird immer abwechselnd aus der Sicht von Bill Hodges und Brady Hartsfield erzählt. Ich kann ganz klar sagen, dass die Passagen um Hartsfield besser gelungen sind. King zeigt wie kein Zweiter, wie sich ein Psychopath fühlt und wie er denkt, was er von der Welt hält und wie er versucht seine Neigungen zu unterdrücken. Hingegen sind die Szenen um den früheren Cop sehr Handlungslastig, jedoch nicht weniger spannend.

Interessant finde ich auch, wie sich die Handlung entwickelt. So wird der einstige Ex-Cop zu einem illegal ermittelnden Detektiv. Die Handlung wechselt stetig und birgt einige Überraschungen bis hin zum Großen, zwar etwas längeren geratenen Finale, indem sich nochmals King´s Leidenschaft zur Musik widerspiegelt.

Die Geschichte besticht nicht durch übermäßigen "Grusel" oder blutrünstigen Beschreibungen, wovon die meisten Schriftsteller sich am Leben halten. King´s Buch ist überwiegend schlicht und ruhig, allerdings bereitet genau das einem so viel Spannung. Besonders in dem ersten Kapitel kann man sehen, was King wirklich drauf hat. Die Beschreibung vor dem Jobcenter und der verzweifelten Leute, umringt vom einhüllenden Nebel, bereitet einen eine unheimlich starke und düstere Atmosphäre, wie es fast kein Buch schafft.

Stephen King´s Bücher sind einzigartig. Man merkt einfach, dass man wieder einmal ein King in den Händen hält. Erzählkunst auf höchstem Niveau.