Rezension

Rasantes Lesevergnügen mit einigen erzählerischen Schwächen!

Evolution. Die Stadt der Überlebenden - Thomas Thiemeyer

Evolution. Die Stadt der Überlebenden
von Thomas Thiemeyer

Im deutschen Sprachgebrauch definiert der Begriff „Evolution“ allgemein die langsame, bruchlos fortschreitende Entwicklung besonders großer oder großräumiger Zusammenhänge. Jem und Lucie finden sich nach einer Notlandung nicht länger in der Welt wieder, die sie zuvor verlassen haben – sondern in einem menschenverlassenen, von Pflanzen bewachsenen Areal, in dem es die gesamte Tierwelt auf sie abgesehen zu haben scheint. Mit dem Terminus „Evolution ist unaufhaltsam. Evolution ist unausweichlich. Sie macht vor niemandem halt. Auch nicht vor uns“ führt Star-Autor Thomas Thiemeyer in das Szenario seiner gleichnamigen Jugendbuchtrilogie aus dem Arena-Verlag ein. Wie mir die Lektüre gefallen hat, das erfährst du in der folgenden Rezension.

 

Der rasante Beginn ermöglicht dem Leser einen reibungslosen, flotten Einstieg in das Geschehen. Thiemeyer schafft es, seine jugendliche Zielgruppe schnell an das Szenario heranzuführen und für sich zu begeistern. Das Buch ist leicht zu lesen, die Kapitellänge ziemlich kurz, sodass man für die Lektüre keinen hohen Zeitaufwand benötigt und auch „Lesemuffel“ hiermit ihren Spaß haben dürften.

 

Das Szenario hat viel Potenzial. Ich konnte mir bei den lebhaften Schilderungen des Autors die überwucherte Umgebung, die sich buchstäblich von der Natur zurückgeholt wurde, gut vorstellen und innerhalb dieser Welt von wilder Schönheit versinken. Thiemeyer trägt sekundär zivilisationskritische Noten heran, indem er seine Vision einer unbeschadeten, friedlichen Landschaft teilt. So würde es hier ohne Menschen aussehen – das ist der Ton, der dabei mitschwingt und, ohne zu sehr mit dem moralischen Zeigefinger zu argumentieren, zum Nachdenken anregt.

 

Wir verfolgen hauptsächlich Jem und Lucie als tragende Protagonisten, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird. Bei der Figurenausarbeitung habe ich mir weitaus mehr Tiefe gewünscht. Die Charaktere kratzen oft lediglich an der Oberfläche, die Motive nur grob skizziert. Leider bedient sich der Autor dabei vergangener, hölzerner Klischees, die schon lange nicht mehr den jugendlichen Zeitgeist treffen. Einige Personen wirken so stark marionettenhaft, ja starr in ihrem eigenen Tun und nicht wie einzelne schillernde Individuen, die zum Treffen eigener Entscheidungen befähigt sind.

 

Zudem weiß „Die Stadt der Überlebenden“ nicht so recht, wo es hinmöchte. Ich habe den zweiten Band im direkten Anschluss gelesen und konnte keinen thematischen Abbruch erkennen. Das vorliegende Buch hat keinen eigenen Spannungsbogen; innerhalb der Trilogie kein Alleinstellungsmerkmal; kein wirkliches Ziel, auf das es hinarbeitet. Es mangelt an einer antreibenden Kraft, die das Geschehen nach vorne treibt; und so wirkt der Roman teilweise nur wie eine Aneinanderreihung etappenweise spannender Sequenzen. Hier wünsche ich mir mehr Konsequenz bei der Ausarbeitung einer eigenen Grundhandlung für jeden Band der Trilogie, die im Schatten des Gesamtkonzepts steht.

 

Letztendlich lässt sich sagen, dass dieser Auftakt zur Jugendbuchreihe „Evolution“ ein nettes Leseabenteuer für eine junge Zielgruppe ist – mehr aber auch nicht. Ich fühlte mich über dreihundertfünfzig Seiten hinweg gut unterhalten, einen bleibenden Eindruck konnte der Roman in mir jedoch nicht hinterlassen. Daher spreche ich speziell für diejenigen eine Empfehlung aus, die sich vom Klappentext angesprochen fühlen.

 

„Evolution“ ist ein rasantes Leseabenteuer mit interessantem Grundszenario, das trotz einiger erzählerischer Schwächen kurzweilige Unterhaltung bietet.