Rezension

Rauscht nicht so, wie es könnte

Das Geheimnis der roten Schatulle - Emma Carroll

Das Geheimnis der roten Schatulle
von Emma Carroll

Bewertet mit 3 Sternen

Was hätte das für ein bildgewaltiges Kinderbuch werden können: Armes, aber cleveres Rokoko-Mädchen hängt ihren Diebes-Beruf an den Nagel, begleitet eine der bekanntesten Erfindungen des Jahrhunderts und hält auch noch Einzug bei Königs.

Am 19. September 1783 haben die Brüder Montgolfier ihren neu erfundenen Heißluftballon öffentlich zum Fliegen gebracht. Nicht zum ersten Mal, dafür aber an prominenter Stelle und vor erlesenem Publikum: Der Ballonflug fand in Versailles in Anwesenheit von Ludwig XVI. und Königin Marie Antoinette statt. Weil die Brüder sich damals noch im Experimentierstadium befanden, transportierte der Ballon keine Menschen. Stattdessen stiegen ein Schaf, eine Ente und ein Hahn in die Luft. Von diesem historischen Ereignis inspiriert, hat die britische Kinderbuchautorin Emma Carroll mit „Das Geheimnis der roten Schatulle“ (im Original: Sky Chasers) eine Geschichte um eine kleine Heldin erfunden, die zu der Entwicklung des Heißluftballons viel beigetragen hat.

Das Mädchen Elster, das so genannt wird, weil es sich mit Diebstählen ein Leben auf der Straße finanziert, gerät durch einen Auftrags-Klau ins Haus der Montgolfier-Brüder. Elster verletzt sich bei dem Versuch, einen Ballon-Prototypen am Boden zu halten, und bleibt danach als Angestellte bei der Familie. Sie beobachtet gut und hat viele Ideen, die schließlich dazu beitragen, dass der Ballon flugtauglich wird. Sie freundet sich mit Pierre an, dem Sohn von Joseph Montgolfier, duelliert sich, wird gefangengenommen und trifft sogar auf das Königspaar.

Es passiert also viel, trotzdem bleibt die Handlung seltsam blass und wirkt oft konstruiert, was schade ist, da wir uns doch in einer höchst spannenden Zeit und dazu mit dem Hof von Versailles an einem der prächtigsten Schauplätze der Geschichte befinden. Elsters Herkunft zum Beispiel wird gar nicht thematisiert, ebensowenig ihr bisheriges Leben auf der Straße, das sie geprägt haben muss. Die skurrilen Haustiere der Kinder – Schaf, Ente und Hahn – sind dem historischen Ballonflug geschuldet, tragen aber nicht zum Fortgang der Geschichte bei. Ähnlich verhält es sich mit der frisch erfundenen Guillotine, die mehrfach Erwähnung findet, aber ansonsten nicht sinnvoll involviert ist. Und die rote Schatulle, die es bis in den Titel geschafft hat, ist schließlich auch nicht so geheimnisvoll wie erwartet.

Unterm Strich bietet „Das Geheimnis der roten Schatulle“ eine schöne Portion historischen Grundwissens, transportiert durch eine selbstbewusste Mädchenfigur, wobei der Unterhaltungswert eher durchschnittlich bleibt.