Rezension

Realistisch, bewegend und ehrlich erzählt

Alles so leicht
von Meg Haston

Bewertet mit 5 Sternen

Handlung:
Die 17jährige Stevie hat nur noch ein Ziel, sie möchte am Todestag ihres Bruders sterben. Und damit das auch klappt hat sie schon lange vorher mit dem hungern angefangen. Ihr Plan ist perfekt bis ihr Vater ihr 27 Tage vor dem Todestag einen Strich durch die Rechnung macht und sie in ein Therapiezentrum für Essstörung nach Mexico fliegen lässt. Stevie ist alles andere als begeistert, verweigert die Therapie, das Essen, die Nähe der anderen Mädchen und hält an ihrem Ziel fest. Doch je mehr Tage vergehen, desto schwerer fällt es ihr…

Meine Meinung:
Meine Erwartungen den Roman betreffend waren hoch angesetzt, gerade weil die Autorin Meg Haston selber wegen einer Essstörung an einer Therapie teilgenommen hat, und sie wurden mehr als erfüllt.
„Alles so leicht“ ist ein flüssig zu lesender, faszinierender, authentischer, bildhaft erzählter und berührender Roman, der mich nicht mehr so schnell loslässt. Die Herangehensweise an ein solch schwieriges Thema finde ich mehr als gelungen und weil das Buch aus der Ich – Perspektive geschrieben ist, bekommt man einen guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt von Stevie, die sie vor den anderen Menschen verbirgt. Es öffnet einem die Augen. Hier wird nichts verherrlicht oder verschönert, man erhält einfach eine realistische Vorstellung von der Krankheit, dem ständigen Kampf mit sich selbst aber auch dem Therapiealltag. Wobei ich was das Essen angeht manchmal etwas erstaunt war. Fastfood und unter anderem Erdnussbutter? Sowas hätte ich da nicht erwartet, auch wenn sich die Mädchen auch daran gewöhnen sollten.
Der wundervolle Schreibstil trägt dazu bei, dass die Seiten nur so dahin fliegen und ich habe die ganze Zeit über für Stevie und die anderen Mädchen gehofft und gebangt, da ich sie alle schnell ins Herz geschlossen habe.
Die Fragen, die man sich vor allem am Anfang in Bezug auf Stevie stellt werden nur langsam beantwortet. Über Kapitel hinweg setzt man Puzzlestücke, die aus Erinnerungen und Gegenwart bestehen, zusammen und bekommt ein Gesamtbild, das verdeutlicht weshalb Stevie so ist wie sie ist und wie es überhaupt so weit kommen konnte. Es gibt mehrere Faktoren, die bei ihr zur Essstörung geführt haben, darunter auch die Mutter sowie ihre Freundin Eden, wobei der Tod ihres Bruders, an dem sie sich selbst die Schuld gibt, der letztendlich Entscheidende war.
Stevie war mir von Anfang an sympathisch, ich mag ihre Art und es ist einfach Verständnis für sie zu empfinden, hauptsächlich weil sie so ehrlich, authentisch ist und es auch bleibt. Darüber hinaus ist sie stark aber gleichzeitig innerlich auch ziemlich kaputt. Die Essstörung, das Kaputtsein, beides hat sie eingenommen und so möchte sie vor allem als dieses kaputte Wesen angesehen werden, sie braucht es, sonst ist ihr nichts anderes geblieben. Es gibt einen Satz, der mich länger beschäftigt hat und zwar:

„Aber diesmal war ich ihm voraus. Ich war besser im Kaputtsein, und Eden zog diese Art beschädigter Existenz ihm vor:“

Stevie lässt sich nicht so einfach von ihrem Ziel abbringen und plant heimlich wie sie es doch schaffen könnte an Joshua’s Todestag zu sterben. Es ist für sie nicht leicht sich auf die Therapie und die drei Mädchen Ashley, Cate und Teagan einzulassen, es bedarf Zeit.
Alle Charaktere wirken echt, lebendig, wobei es mir besonders Anna, ihre Therapeutin und Ashley, ihre Mitbewohnerin angetan haben, vielleicht weil man sie mitunter am besten kennenlernt. Vor allem Anna’s ruhige, entspannte Art hat mich verzaubert. Sie ist für Stevie da, weiß wie sie zu ihr vordringen muss, spornt diese an und hilft ihr auf eine vielleicht nicht ganz so typische Art.
Ich möchte diesem Roman noch zu Gute halten, dass hier nicht mit Zahlen oder Kalorien hantiert wurde, so weiß man auch nicht mal wie viel die Mädchen eigentlich wiegen und muss sich auf Stevies (wahrscheinlich verkehrte) Wahrnehmung und Beschreibung verlassen, was ich gut finde. Außerdem werden die Menschen mit einer Essstörung hier nicht angeklagt. Was mir jedoch als richtig erscheint ist, dass deutlich gemacht wird, dass diese Menschen Hilfe brauchen, weil es nun mal kein einfacher Heilprozess ist und ein bequemes ‚Iss doch mal was’ nicht ausreicht. So sollte man auch viel früher reagieren anstatt es einfach nur zu tolerieren oder gar ignorieren und so tun als würde nichts passieren.

Fazit:
Ein wunderschön erzählter Roman, der es in sich hat. Mit besonderen Charakteren, einer mehr als realistischen Geschichte und einer Thematik die authentisch und echt umgesetzt wurde, sodass das Buch noch lange nachklingt. Klare Leseempfehlung von mir!