Rezension

Realität und Fiktion verschwimmen

Hexenlied - Antonia Michaelis

Hexenlied
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 5 Sternen

Allgemeines:

Hexenlied ist der neue Jugendroman von Autorin Antonia Michaelis. Er ist am 22.07.2019 als gebundenes Buch in der Verlagsgruppe Oetinger erschienen. Das Buch hat 400 Seiten und wird ab einem Lesealter von 14 Jahren empfohlen. Wie immer bei Michaelis‘ Büchern würde ich dieses Lesealter eher bei 16 aufwärts ansiedeln.

Wer Lust hat, sollte sich auf jeden Fall den oben verlinkten Buchtrailer anschauen. Ich finde ihn ziemlich gut gemacht und denke, dass dieses Medium viel mehr genutzt werden sollte, um auf Bücher aufmerksam zu machen.

Inhalt:

„Tim ist scheinbar ein ganz normaler Jugendlicher. In Lilith dagegen sehen alle eine Außenseiterin. Als Lilith in der Theatergruppe die Hauptrolle der mexikanischen Hexe, „la bruja“, übernimmt, hat das seltsame Auswirkungen. Sobald „la bruja“ die Bühne betritt, wirken alle wie gebannt in ihren Rollen. Außerhalb der Proben entwickelt sich zudem ein besonderes Verhältnis zwischen Tim und „la bruja“. Doch bald gibt es erste Gerüchte, dass Lilith tatsächlich eine Art Hexe sein könnte. Denn immer mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Theaterstück und Realität.“ (Quelle: Verlagsgruppe Oetinger)

Meine Meinung:

La Bruja fängt dich. La Bruja jagt dich. Sie ist la Bruja. Ob du willst oder nicht. Ob sie will oder nicht. Und sie wird brennen. Ob wir wollen oder nicht.

„Wir haben die Hexe getötet!“  (S. 7)

Hexenlied umgibt eine gewisse magische Faszination. Antonia Michaelis spielt wie gewohnt mit der Wahrnehmung ihrer Leser. Sie vermischt und verwischt gekonnt Realität und Fiktion. Dieses Mal sogar auf mehreren Ebenen. Zum einen wissen wir als Leser nicht mehr, was vor sich geht. Zum anderen haben jedoch auch die Protagonisten keinen Wissensvorsprung und verstricken sich ebenfalls immer mehr in das inszenierte Theaterstück. Denn genau das ist dieses Buch. Ein geschickt konstruierts Stück menschlicher Abgründe. Eine Kombination aus Michaelis und Herr der Fliegen. Ein Stück von „wie-weit-können-wir-gehen“, ein Stück von „wann-gibt-es-Konsequenzen“. Wie lange sind wir Menschen und was macht uns eigentlich dazu? Inwiefern vertrauen wir unseren Lehrern. Inwiefern können sie diese Aufgabe auf Klassenfahrten überhaupt erfüllen. Wann sind auch sie machtlos?

Die Theater-AG studiert jedes Jahr ein Stück ein. Doch dieses Jahr ist es anders. Es wird ihr letztes Stück auf dem Weg zum Abitur sein. Das letzte Mal, dass sie Zeit dafür haben, sich dem Spielen zu widmen. Und das erste Mal, dass ihr Stück ein ganz besonderes ist. Dass irgendetwas anders ist als sons,t entfaltet Michaelis subtil und geschickt. Als Leser wundert man sich, ist manchmal beklommen und möchte den Schauspielern sagen, dass sie doch lieber aussteigen sollen. Den ganz besonderen Schauspielern, jeder ein Unikat für sich. Menschen mit Problemen, Menschen wie du und ich. Auf dem Weg zu großen Erwachsenen mit den gleichen Problemen.

Michaelis‘ Stück steigert sich bis zum dramatischen Höhepunkt. Man könnte sagen, dass sie ebenfalls ein Drama in mehreren Akten schreibt. Nach und nach entwickelte ich Angst vor dem Ende, wollte es aber gleichzeitig erfahren, die Auflösung kennen. Ich wollte, dass Michaelis das Ganze auflöst und gut ausgehen lässt, damit ich wieder gut schlafen konnte. Natürlich sind das unrealistische Erwartungen an diese Autorin. Ja, sie löst alles gut auf. Sehr durchdacht und vollkommen logisch. Aber ob alles ein gutes Ende nimmt, kann ich euch nicht verraten. Aber jeder von uns kann anfangen zu überlegen, auf welcher Seite er am Ende des Stückes gerne stehen würde…

Fazit:

Hexenlied ist ein Buch, auf das man sich einlassen muss. Leser, die das können, erwartet wie immer eine faszinierende und ganz und gar einzigartige Geschichte, in der Realität und Fiktion verschwimmen.