Rezension

Realitäten, die nur schwer durchschaubar sind

Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt - Peter Stamm

Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt
von Peter Stamm

Bewertet mit 4 Sternen

Christoph ist Schriftsteller und hat einen einzigen Roman mit viel Herzblut geschrieben, in dem er die Trennung von seiner Freundin Magdalena thematisiert hat. 15 Jahre später trifft er Lena, die wie seine frühere Freundin Schauspielerin ist. Er schreibt ihr eine Nachricht mit der Bitte um ein Treffen, denn er hat ihr eine Geschichte zu erzählen. Darauf geht sie ein. Während ihrer Zusammenkunft erzählt er Lena sein Leben, in dem sie Ähnlichkeiten zu dem ihres Freunds Chris erkennt, der ebenfalls Schriftsteller ist und an einem Roman arbeitet.

Im Buch „Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“ gibt es viele Parallelen zwischen dem Leben unterschiedlicher Personen, die sich ähnlich sehen aber vom Alter her verschieden sind. Den Faden durch den Roman bildet die Geschichte von Christoph, die er Lena erzählt. Auf seinem Lebensweg ist der Protagonist durch Zufall immer wieder jüngeren Versionen seiner selbst begegnet. Dabei sind durchaus Abweichungen in bestimmten Aspekten möglich, aber dennoch so, dass er sich wieder erkennt. Auch einem älteren Mann ist Christoph schon begegnet von dem er sich auf seltsame Weise angesprochen gefühlt hat.

Ich bin Erstleser von Peter Stamm, aber von Beginn an fasziniert über die Aussagefähigkeit seiner reduzierten Sprache. Mit bewusstem, konzentriertem Lesen bin ich der Handlung gefolgt. Wie in einem Vexierbild schafft der Autor Realitäten, die nur schwer zu durchschauen sind. Es entsteht ein spannendes Spiel mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, ein Verwirrspiel mit der Identität von Personen.

Der Autor brachte mich ins Grübeln darüber, ob es ein Schicksal gibt, das den Lebensweg vorherbestimmt und ob man es ändern würde, wenn man die Konsequenzen seiner Handlungen kennt. Möchte ich überhaupt die Zukunft kennen? Möchte ich nicht das Recht haben, meine Fehler zu machen? Bin ich verantwortlich für das Scheitern einer anderen Person, wenn ich in deren Leben korrigierend eingreife?

„Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt“ ist kein einfach zu lesenden Buch, aber ein Roman, den es zu lesen lohn. Peter Stamm schafft es mit klaren Worten den Leser darauf hinzuweisen, dass wir Menschen nur ein Rädchen im Getriebe des Lebens sind und Verantwortung für unser Tun im Hier und Jetzt haben. Gerne gebe ich hierzu meine Leseempfehlung.