Rezension

Recht, Glauben und Emotionen

The Children Act - Ian McEwan

The Children Act
von Ian McEwan

Mein erstes Buch von Ian McEwan, aber sicherlich nicht mein letztes. Bin begeistert von Schreibstil, Inhalt und Figuren - absolut lesenswert!

Inhalt

Fiona, Ende 50, ist eine hohe Richterin in London. Ihre Ehe mit ihrem Mann Jack blieb wegen ihrer Karriere kinderlos und als er ihr eröffnet, dass er eine Affäre anfangen möchte, wirft sie das privat völlig aus der Bahn. Beruflich lässt sie sich jedoch nichts anmerken und hat einen ganz besonders delikaten Fall vorliegen: Adam, ein 17-jähriger leukämiekranker Junge, wird sterben, wenn er keine Bluttransfusion vornehmen lässt. Doch das wollen weder er noch seine Eltern - denn es widerspricht ihrem Glauben als Zeugen Jehovas.

Meine ausführlichere Meinung

Manchmal frage ich mich schon, warum ich nicht früher etwas von einem seit Jahren bekannten und gefeierten Autor gelesen habe. Ian McEwan ist eindeutig so ein Fall und zumindest ausgehend von "The Children Act" habe ich wohl einiges verpasst.

Ich war von dem eigenwilligen Schreibstil von Seite 1 gefangen und auch die Figuren, die komplex sind und viel mehr über kleine Handlungsweisen über sich verraten, als es seitenlange Beschreibungen je könnten, haben mich absolut begeistert. Im Fokus stehen natürlich Fiona, Adam und Jack.

Gerade Fiona fand ich wirklich toll gezeichnet. Diese rationale, regelbewusste Frau, die auf einmal völlig irrational im Privaten handelt und zeigt, dass sie auch nur ein Mensch ist. Die sich ihrer großen Verantwortung durchaus bewusst ist, sie mit großem Pflichtgefühl trägt und nach bestem Gewissen erfüllt, aber dennoch nicht alles nach Dienstschluss ad acta legen kann und sie viele ihrer Fälle doch mehr beschäftigen, als es vielleicht gut für sie ist.

Und obwohl es doch in dieser nüchternen Welt der Paragrafen spielt, ist es McEwan gelungen, viel Gefühl und Leben in die Geschichte zu packen, wobei der juristische Aspekt durchaus nicht vernachlässigt wird. Es steckt sicherlich viel Recherchearbeit darin, aber z.B. Verhandlungen und Urteilsverkündungen haben mich nicht im Geringsten gelangweilt. Gerade die Art und Weise, wie die Beziehung zwischen Fiona und ihrem Mann, aber auch die persönliche Begegnung zwischen Fiona und dem jungen Adam dargestellt wird.

Die Geschichte hat mich wirklich sehr berührt und gewisse Fragen, die darin offen angesprochen werden (wie etwa Glaube und Religion), aber auch solche, die etwas versteckter sind und gut verpackt worden (wie etwa die Frage, ob es so etwas wie Entscheidungsfreiheit überhaupt gibt) haben mich wirklich sehr beschäftigt.

Fazit

Ein Buch, das mich wirklich begeistert, gefesselt und auch noch lange nach dem Zuklappen des Buchdeckels beschäftigt hat. Ich kann es nur voll und ganz empfehlen und freue mich darauf, dass ich als McEwan-Neuling noch viele andere Bücher von ihm entdecken und zum ersten Mal lesen kann.