Rezension

regt unbedingt zu Diskussionen an, um etwas zu ändern

Das Problem sind wir - Dirk Neubauer

Das Problem sind wir
von Dirk Neubauer

Bewertet mit 4 Sternen

Was Dirk Neubauer in seinem Buch "Das Problem sind wir - ein Bürgermeister in Sachsen kämpft für die Demokratie" berichtet, kann nur erschrecken. Nun sind es 30 Jahre her, einen bestimmten Tag möchte ich gar nicht festmachen, seit die Mauer überwunden wurde, die beide deutschen Staaten trennte. Doch in der Bevölkerung ist diese Trennung zu einem nicht bestimmbaren Teil noch immer fest verankert. Und das hat seine Gründe.

Die Menschen, die sich ihre Freiheit erkämpft hatten und die Gunst der Stunden zu nutzen wussten, wurden nun mit einer Realität konfrontiert, die sie nicht erwartet hatten. Regelwut, Richtlinien, Gesetze, Föderalismus, Ausverkauf ihrer Existenzen, ein Überstülpen von Meinungen und Werten. Dazu kam noch die Goldgräberstimmung bei Versicherungen, Banken und Hasardeuren die sich bei ihnen breit machten. Und das von jetzt auf gleich. Keine Chance für die Bürgerinnen und Bürger sich ein wenig an die neuen Begebenheiten zu gewöhnen. Durch die EU-Politik in ein Korsett gezwängt, hat man den Menschen die Freiheit genommen, sich selbst zu finden. Die eigenen Werte, die erkennbar waren durch ihr Durchhaltevermögen, endlich in den gelobten Westen zu gelangen, gingen regelrecht unter. Wie eine Übermutter, die ihre verloren geglaubten Kinder wiederbekam, versorgte "der Westen" den "Osten", nahm die ihrer Meinung nach schlechten Dinge weg und eine Überversorgung vor. Daher konnten sich, wie Neubauer an vielen Beispielen schildert, die Menschen nicht an Neues heranwagen, ausprobieren und selbst herausfinden, was für sie gut oder schlecht gewesen wäre.

Durch diese Reglementierungen kam Frust auf. Frust auf die im Westen und die Politik, die eine Änderung, gar eine Verbesserung ihrer Meinung nach gar nicht im Blick hatte, weil sie auf die Menschen im Osten nicht gehört hat. Schließlich lief doch alles wunderbar. Auch in Augustusburg, dieser wunderschönen Kleinstadt im Erzgebirge in der Nähe von Chemnitz, hatte man die Faxen dicke und wählte den zunächst parteilosen und nun in der SPD als Mitglied geführten Dirk Neubauer als Bürgermeister, statt einen von den üblichen Parteien. Die Vielzahl an Versuchen, die Menschen wieder für die Politik zu interessieren, zumal in einer Kleinstadt das eigene Engagement eine starke Wirkkraft hat, war bisher leider nicht sehr erfolgreich für ihn. Zumal er selbst auch an den nächst höher gestellten Institutionen oftmals scheiterte und das seinen Bürgern erklären musste. Und das ist es auch, was Neubauer vielfach in seinem Buch beklagt. Ein viel zu kleines Budget, das die Bürger beziehungsweise ihr Bürgermeister für sie selbst verwalten können. Das für Neubauer erkennbare Misstrauen seitens der nächst höheren Instanzen, machen das Regieren für ihn fast unmöglich. Zu knappe Zeitspannen, um Fördergelder zu bekommen, falsche Priorisierung bei Großprojekten lassen ihn schier verzweifeln. Aufgeben ist seine Sache aber nicht.

Deshalb schließt er sein Buch mit vielfachen Vorschlägen, um nicht nur seinen Ort sondern auch in Sachsen und damit in Deutschland insgesamt für Veränderungen zu sorgen. Vor allem möchte er die Menschen mit einbinden, um ihre Stadt voranzubringen. Eine wichtige und interessante Dokumentation, die hoffentlich dabei hilft, Missstände aufzudecken und zu beseitigen, zumindest aber zu Diskussionen anregt. Wir können schließlich alle voneinander lernen.
Über Augustusburg finden sich viele Informationen zum Beispiel unter https://augustusburg.de/ und auch bei https://de.wikipedia.org/wiki/Augustusburg