Rezension

Regt zum Nachdenken an

Sal - Mick Kitson

Sal
von Mick Kitson

Bewertet mit 4 Sternen

Die dreizehnjährige Sal hat einiges hinter sich: Sie musste mit der Alkohol- und Drogensucht ihrer Mutter klarkommen, deren wechselnde Partner und die Armut ertragen und wurde vom jetzigen Partner der Mutter missbraucht. Doch jetzt ist Schluss! Um ihre zehnjährige Schwester Peppa vor dem drohenden Missbrauch zu schützen, flieht Sal mit ihr in ein einsames schottisches Waldgebiet.

 

Mick Kitsons Roman „Sal“ regt durch die ernste Ausgangslage der Protagonistin sehr zum Nachdenken an. Was macht es mit einer Kinderseele, wenn sie in einem solchen Milieu aus Sucht und Armut aufwächst und noch dazu missbraucht wird? Sal hat sich emotional von allem abgeschottet, sie ist allein darauf fokussiert, sich um ihre Schwester zu kümmern, Essen zu beschaffen und zu verhindern, dass die beiden vom Staat in Obhut genommen und womöglich getrennt werden. Ihr Wissen über Survival hat Sal sich aus Youtube-Videos angeeignet. Die Wildnis scheint ihr am besten geeignet, für immer abzutauchen.

 

Der Autor schildert die Geschichte aus Sals Perspektive genauso emotionslos und nüchtern, wie man von einem traumatisierten Kind erwarten könnte. Trotzdem ist es möglich, dass Sal auch eine Form von Autismus haben könnte, was aber der Interpretation des Lesers überlassen wird. Für mich ist es durchaus wahrscheinlich.

Auch wenn Sals Gefühlsleben authentisch wirkt, macht gerade das Fehlen von Emotionen die Protagonistin wenig greifbar. Sal schildert ihre Erlebnisse, mehr nicht. Ich hatte beim Lesen immer das diffuse Gefühl, das mir etwas bei Sal fehlt.

 

Auch wenn ich die Handlung über das Überleben in der Natur, Sals Vorgeschichte, die Begegnung mit Ingrid sehr interessant fand, fehlte mir das gewisse Etwas am Roman. Es gibt zwei Passagen, die sehr eindrucksvoll sind, nämlich als Sal tötet und es beinahe wieder tut, ansonsten fehlte mir das Überraschungsmoment. Es gibt auch keine unerwarteten Wendungen. Im Mittelteil begegnen die Schwestern der Waldbewohnerin Ingrid, die ihre Geschichte erzählt. Für den weiteren Handlungsverlauf ist dies kaum relevant. Mick Kitson löst seine Geschichte sehr hektisch auf, Ereignisse überschlagen sich. Letztlich gibt es jedoch das Ende, welches ich erwartet hatte, mit einigen Punkten, die offen bleiben.

„Sal“ regt in einigen Punkten zum Nachdenken an und erzählt eine schöne Geschichte über die Verbundenheit zweier Schwestern und die Begegnung mit der Natur. Mick Kitsons Erzählstil empfinde ich aber als ausbaufähig.