Rezension

reich an schmerzlichen Wahrheiten und Tiefe

Was wir sind - Anna Hope

Was wir sind
von Anna Hope

Bewertet mit 4 Sternen

"Sie haben noch Zeit zu werden, wer sie einmal sein wollen."

Zu Beginn ein wenig abgetan von der stoischen Sprache wirkte dieses Buch eher blass, doch es ist auf simple Weise bewegend und elegant. Es ist verheerend echt, denn die Autorin stellt auf subtile Weise Fragen, die zwischen den Zeilen verwoben sind, und welche mit auffälliger Prosa überraschen. Das Buch bewegt sich in der Zeit vor und zurück und gewährt einen Einblick in das Leben der drei Frauen über die Jahre. Es bringt glückliche aber auch dunkle Momente der Charaktere, Momente der Unbeschwertheit von ihren späten Zwanzigern die nie zu enden schienen. 

Gebildet und im Klaren mit ihren Wünschen für die Zukunft, hoffen sie, dass ihre Erwartungen sich zur passenden Zeit im Leben erfüllen. Die Realität sieht aber ganz anders aus. Der soziale Druck und die Erwartungen an Frauen kommt ihnen entgegen und die drei Freundinnen sehen sich Problemen der Mutterschaft, Fruchtbarkeit und des ausstehenden Erfolges gegenüber. Sie beginnen sich verloren zu fühlen, distanziert von allem was sie mal waren und werden wollten. Es ist eher eine Enttäuschung als Unzufriedenheit, die die Frauen empfinden. Ziele die sie versucht haben zu verfolgen haben sie an einen Ort des Verlorenseins geführt. 

Anna Hope hat die Erfahrungen von Frauen zusammengefasst, von denen erwartet wird alles im Griff zu haben und dieses Gewicht der Erwartungen hat jede der Protagonistinnen spüren lassen, gescheitert zu sein und versagt zu haben. Trotz den Vorteilen und Privilegien denen diesen Frauen offen stehen, - ein großzügiges Haus, Arbeit, Kinder und die Möglichkeit zur Medizin und künstlichen Befruchtung - und Luxus für das die Frauen der Vergangenheit gekämpft haben, besteht ein Irrtum im modernen Feminismus, nämlich dass es falsch sei, angesicht der Gelegenheiten und Optionen die einem nun offen sind zu scheitern. 

Etwas was mich sehr beeindruckt hat war, dass die Charaktere so offen und ehrlich zu sich selber waren, doch zugleich einem so unsympathisch und widersprüchlich gegenüber traten. Die Intensität in der man als Leser eingetaucht wird und versucht die Entscheidungen der Figuren zu verstehen und zu fühlen ist wirklich immens. Hope erforscht die emotionalen Reaktionen ihrer Protagonistinnen mit einer absoluten Wahrheit und Tiefe, dass diese Frauen einem bekannt sein könnten. Frauen, die vertraute Gedanken offenbaren und Gefühle hervorrufen, die zu oft ignoriert wurden. Ich mochte wie echt sich die Freundschaften anfühlten. Keine Beziehung bleibt für immer gleich und erst Recht nicht nach so vielen Jahren, wenn das Leben uns mit Ereignissen überrascht, trotz der genauen Planung wie die Zukunft aussehen soll. 

Ein Buch mit Geschichten die Veränderungen porträtieren, welche beängstigend doch unvermeidbar sind. Freundschaften die unangenehm sind doch zugleich nachvollziehbar. Ein Roman der vorhersehbar scheint, doch gegen aller Erwartungen mit seiner realen Eleganz in den Bann zieht und über verlorene Chancen und Ängsten spricht, auf eine Art in der man sich wiederfindet.