Rezension

Reiseerinnerungen eines Dinosauriers

Die Stadt der träumenden Bücher - Walter Moers

Die Stadt der träumenden Bücher
von Walter Moers

Bewertet mit 5 Sternen

"Hier fängt die Geschichte an."

"Sie erzählt, wie ich in den Besitz des Blutigen Buches kam und das Orm erwarb. Es ist keine Geschichte für Leute mit dünner Haut und schwachen Nerven - welchen ich auch gleich empfehlen möchte, dieses Buch wieder zurück auf den Stapel zu legen und sich in die Kinderbuch-Abteilung zu verkrümeln.

Husch, husch, verschwindet, ihr Kamillenteetrinker und Heulsusen, ihr Waschlappen und Schmiegehäschen, hier handelt es sich um eine Geschichte über einen Ort, an dem das Lesen noch ein echtes Abenteuer ist!"

Zitat aus dem Buch

~*°..Man sagt, Bücher können alles, sogar töten..°*~

Der junge Dichter Hildegunst von Mythenmetz, ein Lindwurm (Def.: Dinosaurier) lebt auf der Lindwurmfeste ein friedliches Leben.
Doch als sein Dichtpate Danzelot von Silbendrechsler mit mehr als 800 Jahren als Urgestein das Zeitliche segnet hinterlässt er Mythenmetz ein Manuskript das sein Leben von Grund auf verändern soll. Es besticht durch eine derart außergewöhnliche Makellosigkeit, dass es Mythenmetz in eine Kette ungewöhnlicher und rasch aufeinander folgenden Gemütsschwankungen versetzt.

Er durchlebt den Zustand fiebriger Ausgelassenheit, bricht in hysterisches Lachen aus, trampelt vor Begeisterung mit den Füßen, schluchzt tränenüberströmt, ist von Lachkrämpfen geplagt um letztendlich in einer beängstigenden Kälte und Trostlosigkeit zu verharren. Die Nachbarn halten ihn für geisteskrank!

Da ihm sein Dichtpate Danzelot von Silbendrechsler am Sterbebett anvertraut, dass er sich wünsche Mythenmetz solle dem Geheimnis dieses Manuskriptes & dessen Schreiberlings auf den Grund gehen, macht Mythenmetz sich wagemutig auf den Weg nach Buchhaim, der Stadt der träumenden Bücher.

Als Hildegunst Buchhaim betritt, ist es, als würde er die Tür zu einer gigantischen Buchhandlung aufreißen: die Stadt ist erfüllt vom anregenden Aroma von altem Leder und dem scharfen intelligenten Parfum von Druckerschwärze. Schnell wird er vom Sog der buchverrückten Stadt gepackt und in die unterirdischen Labyrinthe befördert. Auf dem Weg durch den Untergrund findet er sich in den obskurresten, verrücktesten, gefährlichsten & atemberaubsten Situationen wieder, von denen er noch nicht mal in seinen Träumen zu denken gewagt hätte.

~*°..Mein Fazit..°*~

Jedes Mal wenn ich eine Buchhandlung betrat, begegnete mir dieses Buch. Sein Cover sprang mir derart ins Gesicht, dass ich mich ihm nur schwer entziehen konnte. Dazu lenkten sowohl Titel als auch Kurzbeschreibung mein Interesse so enorm auf dieses Buch, dass sich meine Gedanken ziemlich schnell nur um eines drehten: dieses Buch. Was macht man in einer derartigen Situation? Richtig, das Buch kaufen und zwar schnell.

Spätestens nach dem Prolog, den ihr bereits zu Beginn lesen konntet, wusste ich, dieses Buch ist anders als ALLES was ich jemals gelesen habe. Und so war es dann auch!

Der Einstieg in die Geschichte und das "Warmwerden" mit Moers Schreibstil und der Geschichte bedarf, zugegeben, anfangs einer kleinen Eingewöhnungsphase. Denn Moers ist Moers. Und Moers ist nicht einfach. Er ist nicht wortkarg und erst recht nicht zurückhaltend. Er beherrscht es lange um den Brei herumzureden, doch niemals den Leser dabei zu langweilen. Seine "Mythenmetzschen Abschweifungen", auf die man im Buch trifft, begegnen einem wie ein eigens kreiertes Stilmittel und beeindruckten mich enorm. Sie sind derartig lang, dass sie mir den Atem raubten und meine Geduld bis zum Äußersten reizten. Dennoch haben sie mich entzückt.

Nirgendwo anders findet man eine derartige Fülle an Wortneuschöpfungen, Wesen und Szenerien wie in seinen Geschichten. "Die Stadt der träumenden Bücher" war meine persönliche Einladung in seine Welt. Der Kontinent Zamonien ist ein phantasievoller Ort, der all das vereint, an das man nie zu träumen gewagt hätte. So begegnet Mythenmetz auf seinem Weg durch die Unterwelt Buchhaims den verrücktesten und skurillsten Wesen, die alle ihre persönliche Geschichte erzählen und den Roman so abwechslungsreich gestalten.

Moers gelang mit "Die Stadt der träumenden Bücher" ein grandioses Werk, welches mir wie ein Feuerwerk von Emotionen, Witzen, aber auch Ängsten und großartigen Eindrücken begegnete. Geschickt ließ er den Leser eine lange Zeit in Unwissen, bevor er die Geheimnisse tatsächlich lüftete. Doch kaum hatte er eines gelöst, schoss ein neues wie aus dem Nichts aus dem Boden
Neben der Geschichte findet man im Buch eine Reihe Illustratioonen, die allesamt von Moers gezeichent sind. Durch sie verfolgt man die Geschichte wie eine Art Film nebenbei. Die Dinge bekommen ein Bild und prägen deine Fantasie. Eine Art Bildergalerie von skurrilen & kreativen Illustrationen.

Walter Moers hat es geschafft, dass ich mich sprichwörtlich nach seinen Geschichten sehne. Ich kann seinem Bann nicht entkommen und könnte jeden Tag eine neue Geschichte von ihm lesen. Aus diesem Grund bekommt dieses Buch 5 von 5 "furcherregenden Buchlingen", denn alles andere wäre eine Beleidung. Moers hat ein eigenes Genre verdient!