Rezension

Reisen mit der Eisenbahn

Die spektakulärsten Eisenbahnreisen der Welt
von Julian Holland

Eisenahnreisen haben ihren ganz besonderen Charme. Die kleinen, urigen Kabinen, in denen kaum Platz für sich und den Koffer ist. Nachts in den Schlaf geschaukelt zu werden, dabei das Rattern des Zuges im Ohr. Duschpläne wie im Londoner Studentenwohnheim. Die langen Abende im Bistro bei gutem Essen und noch mehr Getränken. Die Bekannt- und Freundschaften, die man in der Zeit knüpft. Die Orte, die man passiert und die, die man bei den Ausflügen erlebt. Die Landschaft, die an einem vorbeizieht. Eisenbahnreisen sind etwas ganz besonderes und mit keiner anderen Art zu reisen, zu vergleichen. Manche sagen jetzt vielleicht "Busreise sind doch ähnlich!", aber nein, das sind sie ganz sicher nicht. 

Julian Holland nennt in Die spektakulärsten Eisenbahnreisen der Welt rund 50 Zugreisen. Die meisten davon finden in Europa statt, ein paar in Afrika, ebenso in Nord- und Südamerika, viele in Asien und zwei in Australien. Es sind also wirklich Eisennahnreisen aus aller Welt. Eine kleine Weltkarte zeigt, wo in etwa die Reisen stattfinden. Bevor es mit der Vorstellung der Reisen losgeht, erzählt Julian Holland in einem ausführlichen und bebilderten Vorwort, was ihn dazu gebracht hat, dieses Buch zu veröffentlichen. Alles fing an mit einem Besuch in der Bibliothek und dem Buch Far Wheels... 

Bei den Reisen selbst ist nicht nur für Reiselustige, sondern auch für Eisenbahnfans etwas dabei. Die erste Strecke, die vorgestellt wird, sind die Harzer Schmalspurbahnen. Sie sind insgesamt 140km lang, die Spurweite beträgt 1000 Millimeter. Es gibt drei mögliche Routen: die Harzquerbahn, die Brockenbahn und die Selketalbahn, die allesamt durch den Harz führen. Ein Kartenausschnitt zeigt an, wo genau die drei Routen verlaufen. Neben Informationen zu den Reiserouten gibt es auch immer wieder geschichtliche Informationen. Beispielsweise wann die erste Schmalspurbahn im Harz in Betrieb genommen wurde. Oder geographische Informationen wie die höchste Erhebung. Informationstechnisch ist wohl für jeden etwas dabei. 

Das Textlayout gefällt mir sehr gut. Ein Blocksatz sorgt für Ordnung, es ist zweispaltig geschrieben. Die Schrift ist klein, aber nicht zu klein. Übergroße Buchstaben am Anfang mancher Absätze durchbrechen das sonst recht monotone Schriftbild. Die Fotos gliedern sich perfekt ins Layout ein (was leider nicht immer der Fall bei National Geographic Bildbänden ist, deshalb betone ich das gelungene Layout hier extra). 

Und dann die Fotos. Hach, die Fotos. Züge, die dicke Dampfwolken ausstoßend durch eine verschneite Waldlandschaft fahren. Eisenbahnen im Porträt und Profil, mal mit Menschen, mal ohne. Ihre schier endlose Länge. Die Atmosphäre mancher Bahnhöfe, vor allem bei Nacht. Zugbrücken miten im Gebirge. Städte, Wälder, Gebirge, Strände, Seen, winzig Dörfer im Nirgendwo. Alte Eisenbahnen, die für nostalgisches Schwärmen sorgen. Moderne Züge, die durch die Landschaft rauschen. Schienen, die sich durch die Landschaft schlängeln. Ich weiß nicht, in welches Bild ich mich mehr verliebt habe: die Schneelandlandschaft oder das, das im Hintergrund einen Zug im Profil zeigt und im Vordergrund ein neugieriges Känguru.

Die spektakulärsten Eisenbahnreisen der Welt ist mit Vorsicht zu genießen, denn wer es aufschlägt, wird den starken Drang verspüren, seinen Koffern zu packen, seine Kamera einzustecken und zu sehen, wohin der nächste Zug einen bringen mag.
 

(c) Books and Biscuit