Rezension

Respektlos, direkt und grundehrlich!

Straight White Male
von John Niven

Der erfolgreiche Mittvierziger Kennedy Marr stammt aus Irland und ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Wie so viele Iren ist er der geborene Geschichtenerzähler, und so beginnt er in jungen Jahren mit dem Schreiben, was ihm schlussendlich eine Nominierung für den Booker Prize und eine Auflagenstärke in Millionenhöhe beschert. Aber richtig Geld verdient man nicht mit dem Schreiben von Romanen sondern im Filmgeschäft, und so verlagert er seinen Wohnsitz nach Los Angeles und schreibt Drehbücher. Sein Bankkonto füllt sich, doch Marr pflegt einen aufwendigen Lebensstil mit Sex und Suff und jeder Menge Rock’n’Roll. Kein Wunder, dass die Honorare kurz nach Eingang schon wieder weg sind und er ständig unter Geldknappheit leidet.
 
Einen Ausweg aus der akuten finanziellen Misere bietet die Verleihung eines englischen Literaturpreises mit einem üppigen Preisgeld. Aber die Geschichte hat einen Haken, denn die Bedingung, die an die Annahme desselben geknüpft ist, verursacht Kennedy Marr Bauchschmerzen, denn er muss für ein Jahr zurück nach England und einen Lehrauftrag an einer Universität annehmen. Ein grässlicher Gedanke, und die Vorstellung sich mit seinen zurückgelassenen Familienmitgliedern auseinandersetzen zu müssen, trägt auch nicht zu seinem Wohlbefinden bei…
 
Eine schillernde Hauptfigur, die sich John Niven in seinem neuesten Roman „Straight White Male“ ausgedacht hat - ein sexsüchtiger, undisziplinierter irischer Kerl, aber dennoch liebenswert, unter dessen stachliger Schale ein weicher Kern verborgen liegt, obwohl dieser nur ab und an durchblitzt. Ein Raubein auf Sinn- und Selbstsuche.
 
Wie bereits in seinen andren Romanen pickt sich der schottische Autor einen Bereich heraus – in diesem Fall die  geschäftstüchtige Industrie rund um Buch und Film – und seziert diesen gnadenlos. Er schaut durch ein Vergrößerungsglas, spielt mit den Eitelkeiten und karikiert das Verhalten aller Beteiligten.
 
Die Sprache ist rotzig und direkt, oft auch vulgär, sodass empfindliche Leser schon ihre Schwierigkeiten mit diesem Roman haben könnten. Das wird aber durch den rabenschwarzen Humor des Schotten aufgewogen, den wir bereits aus „Kill your friends“, „Coma“ und „Gott bewahre“  kennen – respektlos, direkt und grundehrlich, herzerfrischend und saukomisch. Lesen!