Rezension

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[ Rezension ] Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit - Jodi Picoult

Die einzige Wahrheit
von Jodi Picoult

Bewertet mit 3 Sternen

[ Inhalt ]

Katie Fisher ist ein junges 18-jähriges amisches Mädchen, das mit ihrer Familie auf einer Milchfarm lebt. Eines Nachts wird sie mit Schmerzen in Rücken und Bauch wach. Sie schleicht sich in den Kuhstall und bringt alleine und mitten in der Nacht einen Sohn zur Welt, von dem niemand weiß, da niemand von der Schwangerschaft wusste. Katie betet zu Gott, er möge ihr helfen, dass das Baby verschwindet, dann fällt sie in Ohnmacht - als sie wieder erwacht ist das Kind verschwunden.
Sie glaubt an ein Wunder Gottes, geht wieder ins Haus und legt sich wieder ins Bett. 
Am nächsten Tag wird das Baby im Kuhstall gefunden - tot und eingewickelt in einem Hemd, versteckt unter ein paar Decken. 
Schnell steht Katie unter Mordverdacht und steht vor einem "englischen" Gericht, einer Welt, in der sie sich nicht auskennt. Da kommt Hilfe von unerwarteter Seite: ihre Cousine Ellie, eine Großstadt-Anwältin, die eigentlich in der Gegend Urlaub macht, nimmt sich des Falles an. Ellie erwirkt bei der Kautionsverhandlung, dass Katie bis zur Mordverhandlung zuhause auf ihrer Farm bleiben kann, solange Ellie nicht von ihrer Seite weicht. Also muss die Anwältin ein Verteidigung vorbereiten, weit ab von jeglicher Elektrizität, Fax-Geräten oder Handys.
Doch nicht nur die äußeren Umstände machen Ellie ihre Arbeit schwer, auch Katie als Angeklagte ist mehr ein Hindernis als eine Hilfe. Denn die scheint sich zuerst an nichts zu erinnern, doch mit der Zeit stellt sich die Frage, wieviel Katie wirklich weiß.

[ Cover ]

Das Cover zeigt ein junges amisches Mädchen, welches auf den Knien an der Wand lehnt. Wahrscheinlich soll es Katie, die Hauptprotagonistin der Story darstellen.
Ich finde das Cover eigentlich ganz gut gewählt, wenn man die Geschichte kennt. Wenn man auch die anderen Bücher von Jodi Picoult kennt, die der Piper-Verlag veröffentlicht hat, dann erkennt man sofort, dass es sich um ein Picoult-Buch handelt. Auch für "Picoult-Neulinge" finde ich das Cover doch ansprechend.

[ Positives ]

Die Geschichte des Buches hat mich von Anfang an in den Bann gezogen. Ich fand den Glauben und die Lebensweise schon immer spannend, vielleicht einfach deshalb, weil eine solche Lebensweise für mich einfach unvorstellbar wäre. Jodi Picoult stellt wunderbar die verschiedenen "Glaubens-Stufen" dar und zeigt auf, dass in jeder Religion jeder für sich ganz alleine entscheiden muss, wie weit für ihn Gottes Gebote gehen. Auch die Ansichten der Amischen über Sünde, Bekenntnis und Vergebung wurden gut deutlich und verständlich.
Wirklich gefallen hat mir die Ausgestaltung der (meisten) Personen. Sofort ins Herz geschlossen habe ich die Anwältin Ellie, die eigentlich nichts anderes wollte, als Urlaub zu machen, um die kürzliche Trennung von ihrem Freund zu verarbeiten. Doch ihre Natur lässt es einfach nicht zu, einem bedürftigen Menschen Hilfe zu verweigern. Auch besonders aufgefallen ist mir Katies Vater, der zwar nur eine Nebenrolle spielt, und manchmal mit seinen Entscheidungen einen sehr harten Eindruck hinterlässt. Doch am Schluss zeigt sich, dass auch er das Herz am rechten Fleck hat.
Auch in diesem Buch schaffte es Jodi Picoult (allerdings dieses mal weniger als sonst, siehe unten), Gefühle zu vermitteln und auch in dieser Hinsicht war es vor allem Ellie, der ich die größten Emotionen entgegenbrachte. Ihre Verzweifelung über die ständige wechselnden Geschichte, die Katie ihr auftischt, war für mich mehr als nachvollziehbar.

[ Negatives ]

Das Buch wird in wechselnden Perspektiven beschrieben, entweder aus Sicht von Ellie (dann Ich-Form) oder aus der einer dritten Person, die variiert. Das hat mich jetzt nicht so aus den Schuhen gerissen, mir persönlich wäre eine einheitliche Erzählweise lieber gewesen. Da mit dieser Variante eben die Geschichte aus mehreren Sichtweisen erzählt werden kann, ist es anfangs ein wenig schwer, in die Geschichte reinzufinden, da man mit Namen und Orten überflutet wird. Das hat mir den Einstieg in die Geschichte etwas vermiest.
Die Story geht eigentlich direkt los, gleich im ersten Kapitel bringt Katie ihr ungewolltes und geheimgehaltenes Baby zur Welt. Doch als Ellie dann auf die Farm kommt, steckt die ganze Sache ein wenig fest. Es passiert nicht mehr viel und die Story zieht sich ewig hin. 150 Seiten weniger wäre wahrscheinlich nicht mal aufgefallen.
Absolut nicht gefallen (und ich suche immer noch den Sinn dahinter) hat mir die ganze Sache mit den Geistern - zunächst sieht Katie den Geist ihrer toten Schwester. Bei ihr konnte man vielleicht noch sagen, die ist geistig verwirrt. Aber als dann auch Ellie, die toughe Großstadt-Anwältin Geistern sieht... also nee. Wenn ich Science-Fiction lesen will, dann lese ich Science-Fiction. Aber ich wollte nen schönen Roman lesen...
Schließlich, unter wahrscheinlich ist das der wichtigste Manko-Punkt überhaupt: Jodi Picoult hat es dieses Mal nicht geschafft, mich so in ihren Bann zu ziehen, wie man das von ihr gewöhnt ist. Die großen Gefühle haben total gefehlt. Mein größter Gefühl hatte ich gegen Katie, die irgendwann einfach nur nich genervt hat. 
Auch was das Ende angeht, war ich nicht zufrieden. Ich hätte mir gewünscht, dass auf das Ende und die Auflösung der Geschichte ein wenig hingearbeitet worden wäre. Aber nein.... Plötzlich überschlägt sich die Geschichte innerhalb von 10 Seiten. Man hat das Gefühl bekommen, als hätte die Story jetzt einfach zu Ende gehen müssen und Frau Picoult gemerkt, dass sie nicht mehr genug Platz gehabt hätte.

[ Fazit ]

Wer Jodi Picoult kennt und schätzt, der weiß: Sie kann es besser! Die Idee war super, an der Umsetzung mangelt es an vielen Ecken und Enden.Wer Picoult noch nicht kennt, sollte die Finger von "Die einzige Wahrheit" lassen.