Rezension

Richtige Grundthese, Rest kann man sich schenken

Warum unsere Kinder Tyrannen werden - Michael Winterhoff

Warum unsere Kinder Tyrannen werden
von Michael Winterhoff

Bewertet mit 2 Sternen

Ein Ratgeber, der propagiert kein Ratgeber zu sein.

Zusammenfassung (copy, paste)

"Kleinkinder außer Rand und Band, Zehnjährige, für die Respekt vor Eltern und Lehrern ein Fremdwort ist, 17-Jährige, die nicht mehr arbeitsfähig sind - Kinder an die Macht?
Gesellschaftliche Fehlentwicklungen und eigene Probleme von Erwachsenen verhindern, sich abgegrenzt und strukturierend gegenüber dem Kind zu verhalten und diesem dadurch eine normale Entwicklung seiner Psyche zu ermöglichen. Stattdessen wird es zunächst partnerschaftlich, dann symbiotisch vereinnahmt und kann niemals eine eigene Persönlichkeit entwickeln.
Michael Winterhoff zeigt in seiner überraschenden wie erschreckenden Analyse diesen emotionalen Missbrauch unserer Kinder auf und belegt ihn mit vielen anschaulichen Beispielen. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen: Nur wenn unsere Kinder wieder wie Kinder behandelt werden, können sie in einem positiven Sinne lebensfähig werden.
Ein Buch für alle, die verhindern wollen, dass unsere Gesellschaft ihre Kinder eines Tages hassen wird ..."

 

Michael Winterhoff, seines Zeichens Kinder- & Jugendpsychiater und Psychotherapeut, legt gesteigerten Wert darauf Deutschland mit seinem Buch wachzurütteln und besteht darauf nicht zu den vielen Ratgebern zu gehören, die man in Buchhandlungen so finden kann. Allerdings ist sein Buch nichts anderes als eben einer dieser vielen Ratgeber. 

Die grundsätzliche These "Kinder wieder Kinder sein zu lassen" und ihre Erziehung auf der Basis ihres psychischen Reifegrades zu betrachten und aufzubauen, ist durchaus richtig. Kinder sollen nicht als "kleine Erwachsene" betrachtet werden. Es ist wichtig für Kinder, dass Erwachsene ihnen hinsichtlich ihres psychischen Entwicklungsstandes begegnen, um sie nicht zu überfordern und ihnen Fähigkeiten zuzugestehen, die sie in ihrem Alter einfach nicht besitzen können. Aber bereits im Titel Kinder mit dem Wort "Tyrannen" zu betiteln ist total kontraproduktiv, dient lediglich dazu zu provozieren und spricht dementsprechend eine Gruppe von Menschen an, für die das Buch wohl kaum konzipiert wurde.

Den Höhepunkt an Lächerlichkeiten erreicht Michael Winterhoff gegen Ende des Buches, an dem er Erzieherinnen und Erzieher anprangert und ihnen vorwirft verhaltensauffällige Kinder an Experten zu verweisen, anstatt selber Förderungsmaßnahmen in den KiTa Alltag zu integrieren. Der Erzieherin gesteht er lediglich die Rolle einer Beobachterin zu, die die Symptome erkennt, die Diagnose stellt, aber die Behandlung an eine anderen Institution überstellt. 

Das Buch hätte man sich schenken können. Trotzdessen stimme ich mit seiner Grundthese überein, dass die Psyche der Kinder bei ihrer Erziehung meist außer Acht gelassen wird. Für den richtigen Ansatz bekommt er zwei Gnadensterne.