Rezension

Roadtrip voller Rache und Gewalt

Die Rache der Polly McClusky - Jordan Harper

Die Rache der Polly McClusky
von Jordan Harper

Bewertet mit 4 Sternen

Gegen Nate McClusky haben die Aryan Steel ein Urteil verhängt. Da er einen der ihren getötet hat, soll er, der nun endlich aus dem Gefängnis entlassen wurde, hingerichtet werden. Doch dieses Urteil erstreckt sich auch auf seine Exfrau Avis und seine elfjährige Tochter Polly. Für  die Rettung von Avis und ihrem neuen Mann kommt Nate zu spät, doch Polly kann er noch rechtzeitig an ihrer Schule auflesen. Damit die Aryan Steel sie nicht in die Finger bekommen, nimmt er sie mit auf einen Roadtrip voller Tempo, Gewalt und Rache. 
Ich erwartete auf Grund der Leseprobe und des Klappentextes ein Buch mit schnellem Tempo und interessanten Charakteren. Und was soll ich sagen, ich habe beides bekommen. Nur nicht immer so, wie ich es mir anfangs vorstellte.
Das Tempo ist wahrlich genau so gewesen, wie ich es mir gewünscht habe. Im Nu flog ich nur so durch das Geschehen, nie kam Langeweile auf, keine Passagen zogen sich zu lang. Kurzum, das Tempo passt sehr gut zu der Geschichte. 
Dies führte in meinen Augen jedoch leider dazu, dass die Charakterentwicklung sehr hinterherhing. Pollys Verhalten änderte sich dermaßen schnell, dass es auf mich rückblickend einfach sehr unlogisch erscheint.  Es hätte dem Buch wahrlich nicht geschadet, ein wenig Tempo rauszunehmen, um den Charakteren etwas Zeit zum Entfalten zu geben oder aber mehr Seiten für sie aufzubringen. 
Denn Polly ist durchaus ein sehr interessanter Charakter. Ein kleines Mädchen, immer in Begleitung ihres Teddys wird nicht nur in gewisser Hinsicht vom eigenen Vater entführt, sondern erlebt eine Welt der Gewalt und Grausamkeit, wie es sich die meisten von uns noch nicht einmal vorstellen können. Hier hätte ich mir noch ein wenig mehr aus ihrer Sicht gewünscht. Nate ist ein Charakter, den man weder lieben noch hassen kann. Ich tolerierte ihn über das Buch hinweg und respektierte ihn am Ende. 
Sehr interessant fand ich die Schilderung des Systems der Aryan Steel, die sogar aus dem Gefängnis heraus und hinein miteinander interagieren und kommunizieren. Auch die wechselnden Erzählperspektiven von nicht nur Nate und Polly sondern auch im Laufe der Geschichte auftretenden Nebencharakteren gefiel mir richtig gut. So war es mir möglich, mich in Charaktere besser einzufühlen und Geschehnisse aus einem anderen Licht zu betrachten. Der Plot war gut geschrieben, das Ende absolut passend. 
Der Sprachstil passt zum Buch. Die vielen relativ kurzen Sätze unterstrichen das Erzähltempo sehr gut. Viel verschachtelte Nebensätze hätten hier wahrlich nicht dazu gepasst. Und auch wenn ich kein großer Fan eines solchen Stiles bin, so war ich hier ganz begeistert davon.
Mich konnte das Buch absolut fesseln, doch bei dem rasanten Tempo blieben mir die Charaktere eine Spur zu sehr zurück.

Von daher vergebe ich gut gemeinte 4 Sterne (mit Tendenz zu 3.5 Sternen). Den Autor werde ich nach diesem Debut jedenfalls im Auge behalten! Empfehlen kann ich das Buch Fans von Don Winslow und jedem, der ein rasches Erzähltempo und spannende Handlungen mag.