Rezension

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Roman bleibt hinter netter Idee weit zurück

Happy Ever After - Wo das Glück zu Hause ist
von Jenny Colgan

Bewertet mit 1.5 Sternen

Nina, neunundzwanzig, steht plötzlich ohne Job da. Die schüchterne Bibliothekarin muss sich entscheiden, was sie aus ihrem Leben machen will. Ihr Traum: Ein eigener Buchladen. Ihre Möglichkeit: Ein Bücherbus in den schottischen Highlands. Wird sie es wagen? Was kann schon schiefgehen?

Es klingt wie das Paradies von Buchliebhabern. Ein Buch über die Liebe zu Büchern. Eine Protagonistin, die sich ihren Traum verwirklicht, mit einem Bücherbus durch die Highlands fährt und sich selbst dabei neu entdeckt. Die Kurzbeschreibung des Buches verspricht einen "zauberhaften Wohlfühlroman", eine Erzählung "von der Suche nach Identität und Liebe, von der Magie des Lesens und dem Glück, ein Leser zu sein."

Die Realität sieht für mich anders aus. Für mich wird es zum holprigen und sprunghaften Roman, auf der verzweifelten Suche nach dem richtigen Mann.

Dabei beginnt alles ganz vielversprechend. Die ersten Beschreibungen von Nina klingen nach einer sympathischen jungen Frau, die schüchtern ist und Bücher liebt. Die sich an einer Weggabelung im Leben befindet und sich entscheiden muss. Doch schon früh merkt man Sprünge. Eben noch schüchtern, ruhig, zurückhaltend und immer zuverlässig und pünktlich, dann plötzlich selbstbewusst, nicht von ihrem Plan abzubringen und frech. Natürlich, Menschen wachsen an Herausforderung und verändern sich. Aber so und auch so schnell?

Dennoch: Die erste Reise in den Norden, in die schottischen Highlands und ich bin erst einmal von der Erzählung eingenommen. Schottland ist traumhaft, die Idee mit dem Bücherbus verlockend! Die Erzählung ist leicht und seicht, birgt kleine Überraschungen, ist nett. Über holprige Formulierungen kann man da gerne hinwegsehen.

Doch es holpert weiter. Gute Gedanken und interessante Ideen werden für meinen Geschmack oft nicht weit genug ausgearbeitet. Ständig gibt es Sprünge, in der Logik, in der Handlung, an Ort und Zeit, in der Handlungs- und Denkweise der Figuren. Surinder, Ninas beste Freundin, ist abwechselnd anmaßend-arrogant und liebevoll-fürsorglich, stört sich an der Buchleidenschaft ihrer Freundin, unterstützt sie in ihrem Plan, unterstützt sie nicht in ihrem Plan, reist ihr hinterher und hilft ihr auf die Beine. Die "Suche nach Liebe" wird wörtlich ausgekostet. So viele Männer! Kollege-oder-ist-er-doch-mehr Griffin, der warmherzige Wirt Alasdair, der sanft-sehnsüchtige Zugführer Marek, der verknortselte Vermieter Lennox ... Nina sucht einen Mann, träumt nach literarischen Vorbildern, ist abwechselnd schüchtern, selbstbewusst, wütend und entschlossen. Viele Sprünge, viele Wechsel, für mich nur leider oft nicht nachvollziehbar.

Als wäre das ganze Liebeschaos nicht schon ausufernd genug, nimmt sich Nina dann auch noch einem weiteren Problem an: Ainslee und Ben. Das Geschwisterpaar, das selbstbestimmt den Alltag meistert, weil die kranke Mutter dazu nicht in der Lage ist. Eigentlich ein Fall fürs Jugendamt, aber durchs Raster gerutscht, was nur die aus der Großstadt gezogene Bücherverkäuferin erkennt - und natürlich alle rettet. Eine gesamte Nebengeschichte, die wahnsinnig unrealistisch wirkt, aber immerhin dazu führt, dass Nina ihrem wirklichen Traummann näher kommen kann. Happy ever after? Aber nein! Nun kommt natürlich die noch-nicht-aber-fast-Ex-Frau ins Spiel, die einen ebenso sprunghaften Charakter zeigt, wie alle anderen handelnden Personen. Gut gelaunt kommt sie an, hysterisch ist sie da, besänftigt wird sie zwischendurch - und irgendwann ist sie wieder weg.

Dass es tatsächlich irgendwo zwischendrin um den Bücherbus geht, um die Liebe zu Büchern und Literatur, das scheint immer mal wieder durch. Es gibt Passagen, die davon berichten und die wirklich Lust auf die Idee machen. Von der Einrichtung des Busses, von kistenweise Büchern, von einem magischen Bücherbaum. Aber es steht für mich weit zurück hinter Liebesproblemen und Selbstfindungsirrungen. Das ist sehr schade, denn grundsätzlich mag ich einige Momente und Ideen wirklich gerne. Mit dem Bücherbus durch Schottland, ein rauschendes Mittsommernachtsfest mit Nordlichtern, zarte Liebeleien und viel gutes Essen - da wäre viel Raum für eine bezaubernde Geschichte, die für mich aber leider nie wirklich überzeugend ausgemalt wird.