Rezension

Roman über eine eigenwillige Protagonistin

Der Kaktus - Sarah Haywood

Der Kaktus
von Sarah Haywood

Bewertet mit 4 Sternen

„Der Kaktus – Wie Miss Green zu küssen lernte“ ist der Debütroman der Engländerin Sarah Haywood. Susan Green, 45 Jahre alt und wohnhaft in London ist die Protagonistin der Geschichte. Sie liebt Kakteen und hat eine Sammlung sowohl in ihrer Wohnung wie auch an ihrem Arbeitsplatz. Jede einzelne Kaktee wird täglich umsorgt. Ebenso wie ihre Kakteen sich nach außen durch ihre Stacheln wehren, setzt Susan sich mit Worten gegen andere zur Wehr. Vom Untertitel her erwartete ich eine romantische Liebesgeschichte, wurde darin aber teilweise enttäuscht.

Susan arbeitet in der Datenanalyse und dem Controlling im öffentlichen Dienst. Sie hält Abstand zu ihren Kollegen und ist nicht in den Sozialen Medien vertreten. Schon vor Jahren ist sie zu Hause in Birmingham ausgezogen und wohnt seither allein in ihrer kleinen Wohnung in London. Mit ihrem Freund, der ihr vom Charakter ähnlich ist, hat sie eine Vereinbarung für gemeinsame Aktivitäten getroffen. Doch dann geschehen gleich zwei unerwartete Ereignisse. Zum einen verstirbt ihre Mutter und räumt ihrem Bruder Edward testamentarisch ein lebenslanges Wohnrecht in ihrem Haus ein und zum anderen ist ihr morgens ständig übel. Mit ihrem Bruder versteht sie sich nicht gut. Vor kurzem ist sein guter Bekannter Rob vorübergehend bei ihm eingezogen. Obwohl Susan Rob sehr mag, kann sie sich auf eine nähere Bekanntschaft mit ihm wegen seiner Freundschaft zu ihrem Bruder natürlich nicht einlassen …

Susan ist kein Charakter den man sofort sympathisch findet. Sie hat für sich in ihrem Leben eine Komfortzone geschaffen, die sich im übertragenen Sinne mit Wällen umzogen hat. Nach außen hin sträubt sie sich gegen jede Einmischung, auch wenn es sich nur um eine gemeinsame Unternehmung mit Kollegen handelt. Ihre Gefühle versucht sie ebenfalls unter Kontrolle zu halten. Warum ihr Verhältnis zum Bruder zerstritten ist, erklärt die Autorin an manchen eingestreuten Ereignissen aus der Vergangenheit der beiden. Vielleicht haben diese kleinen Verletzungen dazu beigetragen, dass sie sich in ihr Leben eingekapselt hat. Im Laufe der Zeit öffnet sich Susan für ihre Mitmenschen auch dadurch, dass sie selber Hilfe benötigt.

Sarah Haywood schafft mit Susan, ihrem Bruder und seinem Freund interessante Charaktere. Sie lässt Susan in der Ich-Form erzählen, so dass man als Leser auch in ihre Gedanken eintauchen kann. Ihre Handlungen nachzuvollziehen, ist aufgrund ihres besonderen Verhaltens jedoch nicht einfach. Es war schön zu erleben, wie sie beginnt ihre um ihr Selbst errichteten Mauern einzureißen, was auch auf ihre Gefühlswelt Auswirkungen hat. Die Geschichte entwickelt sich in Sachen Liebe jedoch langsam und spielt eine geringere Rolle als nach dem Untertitel zu erwarten war.

„Der Kaktus“ spielt mit dem trockenen Humor der Susan eigen ist, von ihr manchmal allerdings ernst genommen wird. Durch einige unerwartete Wendungen ändern sich die Ansichten der Protagonistin ohne jedoch ihren Eigensinn zu verletzten. So strebt die Erzählung auf einen versöhnlichen Schluss zu. Wer besondere Charaktere in Romanen mag ist hier richtig.