Rezension

Roman über einen Narzissten

Krass -

Krass
von Martin Mosebach

Bewertet mit 5 Sternen

„Krass“ - so kurz und prägnant der Titel, er scheint den Protagonisten Ralph Krass, der als Hochstapler, Betrüger, großer Manipulator und rücksichtsloser Schwindler Menschen um sich sammelt und sie durch sein verschwenderisches und zügelloses Unterhaltungsprogramm in seinen Bann zu ziehen weiß, fast lautmalerisch zu charakterisieren.
Der Roman fesselt den Leser, der einerseits durch die Kennzeichnung dieses narzisstisch veranlagten Menschen abgestoßen wird, zugleich aber auch gespannt darauf ist, mehr über ihn zu erfahren. Wie wird jemand so wie Krass? Was muss in seinem Leben, in seiner Kindheit falsch gelaufen sein, dass sich jemand zu einem so von sich selbst überzeugten, sich auf die gleiche Stufe mit Napoleon und griechischen Gottheiten stellenden Menschen verwandelt?
Sprachgewaltig, oftmals gewürzt mit Understatement, Ironie und Sarkasmus; perspektivisch hochinteressant, da der Leser auch tief in die Lebensgeschichten des zu Krass‘ Faktotum ernannten Jüngel und seiner Gespielin Lidewine eintaucht. Die Lebensschicksale trennen sich, gehen streckenweise ganz unabhängige Wege und kreuzen sich dann durch Zufälle wieder, bis sie sich in gewisser Weise wieder vereinen. Ein Roman, der zugleich abstößt und fasziniert; ein Roman, der von tiefen Gefühlen, von Liebe und Enttäuschung zeugt, aber auch von der Versuchung zur Macht und was diese aus den Menschen macht.
Eine sehr anspruchsvolle Lektüre, die aber einen tiefen Eindruck hinterlässt.