Rezension

Rotkäppchen in der Großstadt

Lichtschacht - Anne Goldmann

Lichtschacht
von Anne Goldmann

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eine moderne Version von Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“. Darüber hinaus ein gelungenes Portrait der Einsamkeit und Heimatlosigkeit in der anonymen Großstadt.  „Weißt Du Lena, was mir am meisten wehtut? Dass sie so lange dalag. Dass sie niemandem gefehlt hat. Sie muss doch Freunde gehabt haben!“ Dank der psychologischen Auslotung der Charaktere und der raffiniert geklöppelten Story, funktioniert der Plot zu 100%. Ein bisschen „Rotkäppchen“ hat sich auch reingemogelt. Nur weiß man bis zum Schluss nicht, wer den Part des „Bösen Wolfes“ gibt. Und auch wenn man es irgendwie geahnt hat, trifft einen die Auflösung doch wie ein Schlag ins Gesicht.

Was mich gestört hat, war die eindimensionale Sprache. Wahrscheinlich wärs mir ohne die österreichischen Ausdrücke nicht so sehr aufgestoßen. Aber wenn zum 10. Mal die Zigarette ausgedämpft wird, frage ich mich erstens „wen interessierts“ und zweitens, „hätte man es nicht auch zur Abwechslung mal anders formulieren können“. Die Protagonistin ist ständig am „pfauchen“ (ja das schreibt man im Österreichischen wirklich so). Aber auch dafür hätte hie und da eventuell ein Synonym gefunden werden können. Außerdem (und das ist jetzt wirklich nur eine ganz persönliche Befindlichkeit) kann ich diese jungen Erwachsenen, bei denen die Pubertät bis in die 30er geht, nicht mehr ertragen. Somit hatte ich leider mit den meisten Figuren in „Lichtschacht“ ein klitzekleines Akzeptanzproblem.

Trotzdem ein gutes Buch in dem die Spannung zwar unterschwellig, aber immer präsent ist und das sich wohltuend vom Mainstream abhebt.

 „Das Einzige, was die Österreicher und Deutschen trennt, ist die deutsche Sprache.“ Deshalb gibts am Schluss des Buches ein Glossar, das jedem klar macht, dass das o.g. Zitat von Karl Kraus seine Berechtigung hat.