Rezension

Royale Hobby-Ermittlerin

Das Windsor-Komplott -

Das Windsor-Komplott
von S. J. Bennett

 Rozie Oshodi entspricht möglicherweise nicht ganz dem Image eines Höflings: Die stellvertretende Privatsekretärin der Queen, die nach mehreren Jahren beim Militär und in einer Bank in den Dienst ihrer Majestät gewechselt ist, hat nigerianische Wurzeln, stammt aus "kleinen Verhältnissen" und ihr Stil hat mit Twinsets und Perlenketten eher wenig gemein. 

Wie sich in S.J. Bennetts Cozy-Krimi "Das Windsor Komplott" herausstellt, braucht sie allerdings auch noch ein paar Qualitäten, die in der Jobbeschreibung nicht angegeben wurden: die Queen betätigt sich nämlich gerne mal als Amateurdetektivin - ein Geheimnis, das von Rozies Vorgängerinnen geteilt und gehütet wird. Und auch Rozie  lernt diese unbekannte Seite ihrer royalen Chefin  erst kennen, als ein junger Russe nach einer Abendgesellschaft auf Schloss Windsor tot aufgefunden wird - offenbar bei autoerotischen Spielchen am Kleiderschrank versehentlich erhängt. How embarrassing.

Beim näheren Hinsehen stellt sich allerdings heraus, dass ein Knoten eigentlich viel zu schwach war, um die Schlinge dermaßen zuzuziehen (im Original heißt das Buch passenderweise The Windsor Knot).  Hat der russische Geheimdienst die Finger im Spiel, wie schon einst im Fall Litvinenko und anderen? Ist womöglich ein "Schläfer" im Palast geparkt worden? Der neue MI 5-Chef  lässt alle Dienstboten überprüfen. Die Queen ist not amused, und Prinz Philipp flippt aus, als sein Kammerdiener zum Verhör bestellt wird. Verdammt impertinent, die Abläufe im Palast so durcheinander zu bringen und das loyale Personal mit Verdächtigungen zu überschütten!

Da muss halt die Queen ran, der der MI5-Direktor gehörig auf die königlichen Nerven geht, behandelt er sie doch wie eine alte Dame, die mit den modernen Zeiten nicht mehr mithalten kann und der man deshalb alles ganz langsam und ausführlich erklären muss. Ihre Majestät ist natürlich zu höflich, um etwas zu sagen, aber  leider darf der Geheimdienstchef nie erfahren, wie scharfsinnig die fast 90-jährige tatsächlich ist. 

Denn wenn die Queen ermittelt, dann ist das ganz diskret - etwa bei einer scheinbar gemütlichen Teestunde bei einer alten Freundin, zu der ein weiterer Gast kommt, der zufällig Experte für das russische Spionagewesen ist. Um diese konspirativen Treffen zu ermöglichen und zu organisieren, kommt Rozie ins Spiel. Sie erledigt gewissermaßen die Beinarbeit. Das Überbringen der Post und der Termine dient nun auch dem Austausch von Theorien und Informationen - wobei Rozie darauf achten muss, dass ihr unmittelbarer Chef nichts von ihren Extra-Einsätzen mitbekommt.

S.J. Bennett ist royal fan, so viel steht nach der Lektüre fest. Die Queen und ihr Hofstaat werden liebevoll gezeichnet, ein bißchen Augenzwinkern und Ironie gehört dazu, wenn der temperamentvolle Prinzgemahl etwa mal wieder herzhaft flucht oder wenn Corgies und Ponies wichtiger sind als fast alles andere. Wie die Queen es schafft, Hinweise zu sammeln und ganz diskret dafür zu sorgen, dass die offiziellen Ermittler doch noch auf diese Informationen stoßen, ist durchaus zum Schmunzeln. One is amused.