Rezension

Rücksichtsloser als die Polizei erlaubt

Die Toten von Marnow - Holger Karsten Schmidt

Die Toten von Marnow
von Holger Karsten Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Man merkt es nicht gleich von Beginn an, aber es klingt so nach und nach durch: Dieser Krimi spielt nicht ganz in der Gegenwart und zwar im Jahr 2003. Das bringt ein paar nette Anmerkungen mit sich (der Euro ist noch eher neu, ebenso größere Shops bei Tankstellen, Laubbläser sind der letzte Schrei) und macht manches einfacher aber auch schwieriger (es gibt noch keine Smartphones oder Wlan-Hotspots, ebenso spielt Facebook noch keine Rolle). Aber vor allem hat Autor Holger Karsten Schmidt die Handlung so gelegt, weil ansonsten der eine oder andere fiktive Charakter nicht mehr am Leben wäre um in der Geschichte mitzuspielen. 

Die Rostocker Kriminalhauptkommissare Frank Elling und Lona Mendt bekommen es nämlich in ihrem ersten Band mit einem harten Fall zu tun, der weit in die DDR-Zeit zurückreicht. Und wie mit (fast) allem, was dann später über bestimmte Jahrzehnte so ans Licht kam, gibt es auch hier einen wahren Kern in dieser grausamen Erzählung.

Aber von Anfang an: Geht in Rostock ein Serienmörder um oder bekommen Elling und Mendt einfach nur zwei sehr seltsame Morde auf ihren Schreibtisch, rein zufällig kurz hintereinander? Noch dazu wo die beiden Opfer bis auf ihr Geschlecht und den Kehlschnitt nichts gemeinsam haben.

In klassischer Polizeiarbeit mit vielen Befragungen und Hypothesen beginnen die ungleichen und dennoch einander verbundenen Ermittler ihre Arbeit. Zwischendrin gibts Einblicke in ihre Privatleben und eigenen Geschichten.

Und die sind mitunter sehr wichtig, denn sie beeinflussen stark wie Mendt und Elling sich in gewissen Schlüsselsituationen verhalten. Sie loten Grenzen aus, überschreiten sie auch. Manchmal zögerlicher, manchmal sehr zielstrebig. Sie setzen sich durch, sie haben auch ihre zweifelhaften Methoden um zu Lösungen zu gelangen. 

Manche Ergebnisse geben ihnen recht und dennoch - unsere Helden sind keine “Saubermänner” und haben auch ihre deutlichen dunklen Seiten. “Auge um Auge” ist so ein klassischer Sager, aber in diesem Krimi hat man immer wieder das Gefühl, dass es das am besten beschreibt. Die beiden sind, wenn sie sich dazu genötigt sehen, auch mit einer Prise Rücksichtslosigkeit unterwegs.

“Die Toten von Marnow” wird vom Verlag als “Start einer Krimireihe” bezeichnet, was Fans gepflegter Krimi-Literatur mit Actionelementen hoffen lässt. Aufgrund der aktuellen Lage gibt es da logischerweise noch kein verlässliches Datum.