Rezension

Ruhig erzählt, bewegend und fesselnd

Und damit fing es an - Rose Tremain

Und damit fing es an
von Rose Tremain

Bewertet mit 4 Sternen

Klappentext:

Gustav Perle ist ein zurückhaltender Mann. Er wuchs in den 1940er-Jahren allein bei seiner Mutter Emilie in ärmlichen Verhältnissen im schweizerischen Matzlingen auf – und schon damals hat er gelernt, nicht zu viel vom Leben zu wollen. Als Anton in seine Klasse kommt, ein Junge aus einer kultivierten jüdischen Familie, hält mit ihm auch das Schöne in Gustavs Leben Einzug. Anton spielt Klavier, und seine Familie nimmt Gustav sonntags mit zum Eislaufen. Emilie sieht das nicht gerne, lebt sie doch in der Überzeugung, dass die Bereitschaft ihres verstorbenen Mannes, jüdischen Flüchtlingen zu helfen, letztlich ihr gemeinsames Leben ruiniert hat. Doch Anton ist alles, was Gustav braucht, um glücklich zu sein. Umso härter trifft es ihn, als Anton – beide sind längst erwachsen – Matzlingen verlässt, weil er seine große Chance als Pianist wittert. Gustav widmet sich seinem Hotel Perle, das er inzwischen mit Erfolg führt – doch er ist einsam und verspürt eine große Leere in seinem Leben. Bis Anton, gescheitert, zurückkehrt – und beide erkennen, dass das Glück vielleicht schon immer direkt vor ihnen lag.

 

Meinung:

1948 lernt der 6-jährige Gustav Perle den gleichaltrigen Anton Zwiebel kennen und beide werden Freunde. Weniger zur Freude von Gustavs Mutter, denn Anton ist Jude und Frau Perle hegt eine Abneigung gegen die Juden, ist sie doch der Meinung, dass diese ihren Mann auf dem Gewissen haben. Antons Vater half einst jüdischen Flüchtlingen bei der Einreise in die Schweiz mit verhebenden Folgen für die Familie. Aber dank Anton erfährt Gustav endlich ein paar schöne Seiten am Leben, leben seine Mutter und er doch in recht ärmlichen Verhältnissen. Jahre später führt Gustav ein Hotel, doch wirklich zufrieden ist er mit seinem Leben noch nicht. Er merkt, dass ihm immer noch etwas Wichtiges darin fehlt.

Rose Tremain hat hier sehr interessante Charaktere geschaffen, die sie weitestgehend spannend und dicht umgesetzt hat. Einzig bei Anton blieb eine gewisse Distanz und ich konnte bis zum Ende am wenigsten mit seiner Figur anfangen, denn ich konnte ihn das ganze Buch über nicht ganz durchschauen. Aber da der Fokus im Roman auf Gustav liegt, dessen Rolle dementsprechend gut ausgebaut wurde, ist das nicht ganz so gewichtig und ich konnte mich als Leser sehr gut in Gustav und seine Motivationen hineinversetzen. Auch die Nebenfiguren haben mir gut gefallen. Sie weisen Stärken und Schwächen auf, was die Lektüre abwechslungsreich und komplex macht.

Erzählerisch hat die Autorin mich direkt in ihren Bann gezogen. Trotz der eigentlich eher ruhigen Erzählweise musste ich als Leser einfach wissen wie es weiter geht. Die Kapitel sind relativ kurz gehalten und so kommt man recht zügig durch das Buch. Aufgeteilt ist der Roman in drei Teile, wobei der erste Teil im Jahre 1948 startet, der zweite Teil in die Zeit von Gustavs Vater zurückreicht und 1937 startet, um dann im dritten Teil wieder bei Gustav im Jahre 1992 zu beginnen. Die Zeitsprünge stiften aber keine Verwirrung, sondern sorgen dafür, dass sich dem Leser nach und nach ein Bild über die Umstände von Gustavs Leben, seiner Erziehung und seinen Beweggründen erschließen.

Rose Tremain erzählt hier nicht nur die Lebensgeschichte von Gustav, sondern thematisiert auch, wie sehr Ereignisse aus der Vergangenheit das Leben anderer Menschen beeinflussen können. Auch Depressionen spielen in diesem Roman eine nicht unwichtige Rolle und ich fand es sehr erschütternd, aber auch berührend, wie die Autorin diese hier aufgearbeitet hat. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen wird das Thema Antisemitismus zwar angesprochen, steht aber nicht dominierend im Vordergrund.

 

Fazit:

Und damit fing es an besticht durch eine sehr eindringliche, ruhige Erzählweise, die den Leser direkt in seinen Bann zieht und nicht mehr loslassen möchte. Zwar gibt es kleine Schwächen bei den Charakteren, dafür hallt die Thematik umso stärker nach. Das Buch hat mir einen interessanten Einblick auf die Schweiz während den Kriegszeiten gewährt und Gustavs Lebensweg zu verfolgen hat sehr schöne Lesestunden beschert.

Von mir gibt es 4 von 5 Punkten.