Rezension

Ruhige Geschichte mit beklemmender Aktualität

Das Mädchen mit dem Fingerhut - Michael Köhlmeier

Das Mädchen mit dem Fingerhut
von Michael Köhlmeier

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nicht nur der Titel zieht Parallelen zu Hans Christian Andersens "Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen". Erst nach und nach übernimmt die Sprache des Buches auch das Wissen um die Menschen in ihm. Anfangs folgen wir einem Mädchen, etwa 6 Jahre alt, das von seinem "Onkel" verlassen wird und allein durch die Stadt irrt. Sie findet den Weg nicht zurück, versteht die Menschen um sie herum nicht und übernachtet schließlich in einem Müllcontainert. Später nennt ein Junge das Kind Yiza und auch der Erzähler übernimmt diesen Namen. Yiza wird in ein Kinderheim gebracht, dort schließt sie sich zwei anderen Kindern an, die in der Hoffnung auf ein Haus mit voller Tiefkühltruhe zum Überwintern ausbüchsen. Doch es regnet und schneit, die Kinder frieren und haben Durst und das Haus will einfach nicht erscheinen.
Im Kontext der aktuellen Zeit kommt man nicht umhin den Roman vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise zu lesen, auch wenn Köhlmeier an anderer Stelle berichtet, dass er beim Schreiben eher historisch an die Wolfskinder nach dem 2. Weltkrieg dachte. In jeglicher Hinsicht eine mitreißende Geschichte, die ich absolut weiterempfehlen möchte.