Rezension

Ruhiger Krimi mit interessanten psychologischen Einblicken

Vom Himmel hoch - Hannes Nygaard

Vom Himmel hoch
von Hannes Nygaard

Bewertet mit 4 Sternen

»Das ist eine harte Nuss. Wie soll jemand hier, mitten auf dem Platz, aus dieser Höhe abstürzen? Der muss wirklich vom Himmel gefallen sein.«

Ein kleines Städtchen in Nordfriesland, mitten auf dem Marktplatz liegt ein Toter. Die Todesursache ist schnell klar: Ein Sturz aus einer Höhe, wie sie ungefähr der 4. Etage eines Wohnhauses entspricht. Nur, dass es weit und breit kein höheres Gebäude gibt. Und bewegt wurde die Leiche auch nicht. Wirklich eine harte Nuss. Das Team der Kripo Husum nimmt sich des Rätsels an – obwohl es mal wieder eigentlich gar nicht zuständig ist…

 

Diesen Küstenkrimi fand ich sehr unterhaltsam. Die Ausgangslage ist herrlich knifflig, denn hier eine logische Erklärung zu finden, ist nicht leicht. Was mir besonders gefiel, waren die umfangreichen Ermittlungsarbeiten und Verhöre, die gut beschrieben werden. Nachdem das Ermittlerteam das persönliche Umfeld des Opfers ins Auge gefasst hatte, wurde schnell klar, dass auf dessen Arbeitsstelle nichts so läuft, wie es nach außen dargestellt wird. Eine ganze Reihe Verdächtiger kommen zusammen, viele Motive, Alibis und Verstrickungen. Und dann geschieht auch noch ein zweiter Mord im gleichen Umfeld, da liegt natürlich ein Zusammenhang nah.

 

Was dem Autor sehr gut gelungen ist, ist der Blick hinter die Kulissen einer offenbar sauberen Gesellschaft. Da wird so einiges aufgedeckt, was krampfhaft verborgen bleiben sollte und da wird so manchem der Spiegel vorgehalten.

Auch bei seinem Ermittlerteam lohnt ein Blick hinter die Fassade, die Charaktere erscheinen mir deutlich vielschichtiger, als es zunächst aussieht.

Die regionalen Besonderheiten kommen ebenfalls sehr schön rüber, häufig werden Landschaft und Wetter beschrieben, auf die charakterlichen Eigenarten der „Ureinwohner“ eingegangen und Sätze und Ausdrücke der dortigen Mundart eingestreut. Das alles sorgt für eine stimmige Atmosphäre, die Freunden der norddeutschen Küstenregionen gefallen sollte.

 

Was man bei diesem Krimi nicht erwarten darf, sind große Spannungsmomente. Alles ist recht ruhig, die Fälle werden nicht durch Verfolgungsjagden oder Schießereien gelöst, sondern durch Befragungen und Recherche. Das wirkt so im Grunde recht realistisch. Allerdings ist es mit dem Realismus wieder vorbei, wenn man bedenkt, dass die Beamten in Husum eigentlich gar nicht für Mordermittlungen zuständig sind, auch ständig aufgefordert werden, sich nicht einzumischen. Trotzdem agieren sie munter, machen Verhöre und sogar Dienstreisen. Parallel dazu scheinen die eigentlichen Ermittler der Mordkommission in Flensburg außer meckern nichts zu tun, bei parallelen Tätigkeiten müsste man sich doch normalerweise ständig über den Weg laufen. Außerdem ist es, bei aller Anerkennung für die Leistungen der Husumer, völlig unlogisch, dass die Flensburger nicht zu den gleichen Ergebnissen kommen würden.

 

Fazit: Ruhiger Krimi mit interessanten psychologischen Einblicken, guten Charakteren und toller Atmosphäre. Ein wenig mehr Realismus fehlt mir noch zum völligen Krimiglück.