Rezension

Rundum gelungen!

An den Ufern der Seine - Agnès Poirier

An den Ufern der Seine
von Agnès Poirier

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzmeinung: Ein Behalti. Sehr schönes Buch. Ein Muss für Parisliebhaber!

In das vorliegende Buch habe ich mich gleich verliebt! Zeittafel, eine nette kleine Karte von Paris, einige Fotos und ein umfangreiches Personenregister verraten einem, was den Leser erwartet: alles.

Paris hat etwas von seinem Pomp verloren nach den barocken und absoluten Königsherrschaften und ein wenig von seiner Bedeutung nach seiner Hoch-Zeit unter napoleonischer Vorherrschaft, doch Paris ist immer eine erste Adresse. Im Prinzip ist dies bis heute so. Paris ist und bleibt eben die schönste und tollste Stadt der Welt!

In den sogenannten magischen Jahren 1940 bis 1950, die die Autorin besonders in den Blick rückt, erlebt Paris und mit ihm große Teile Frankreichs einen gewaltigen Umbruch. Der Zweite Weltkrieg hat seine Schatten auch über diese wunderbare Stadt gesenkt und das Leben bis ins Innerste beeinflusst. Die Franzosen/Pariser mussten sich positionieren, arrangieren. Widerstand leisten. Je nach dem. Je nach Veranlagung und Möglichkeit.

„Die Besatzungszeit war ein Laboratorium ..., wo mit moralischer Doppelbödigkeit experimentiert wurde wie zu keiner anderen Zeit der neueren französischen Geschichte.“

Bezeichnend ist, dass, als alles vorbei war, die passiven und zurückhaltendsten, also die ängstlichen und untätigen Menschen, die Kollaboration und damit auch die Kollaborateure am schärfsten verurteilten und verdammten. Kein gutes Haar ließen sie an ihnen.

Nach dem Krieg hat sich alles verändert. Nicht nur in Paris natürlich. Traditionen und Konventionen wurden über Bord geworfen und manche gesellschaftliche Institution wie die Familie in Frage gestellt. Neues wurde an jeder Front ausprobiert. Manches setzte sich durch, manches, wie der kommunistische Gedanke, eher nicht.

Alles, was heute Rang und Namen hat, traf sich in Paris. Natürlich kann die Autorin die Kunstszene nur beleuchten, mit einem Scheinwerfer anstrahlen und nicht in die Tiefe gehen, doch hat sie ein Kaleidoskop an Details in ihren Gang durch Paris eingewoben. Das Buch atmet pariserisches Flair. Der Existenzialismus um Simone de Beauvoir, Jean-Paul Sartre und Albert Camus nimmt recht viel Raum ein. Es werden jedoch auch viele andere zeitgenössische Themen gestreift, Frauenliebe, Männerliebe, Freiheitsdrang, Politische Ausrichtungen, Gedanken, Ideen, die Malerei. Und immer wieder Menschen, Menschen, deren Namen einem geläufig sind.

Fast ein Nachschlagewerk ist es geworden, das Buch von Agnès Poirier, flott geschrieben mit sehr übersichtlicher Gestaltung und einer Fülle von Material, Fotos und Einzelheiten über das Leben  vieler Berühmtheiten. Man gewinnt mit maximaler Geschwindigkeit eine Übersicht über die Zeit und erkennt deren Bedeutung. Eine tiefe Auseinandersetzung kann das Buch nicht leisten, dazu bräuchte man eine Fokusierung auf eine bestimmte Thematik. Aber das ist auch nicht die Absicht der Autorin gewesen. Was man erkennt, ist der magische Glanz, der über Paris lag.

Fazit: Rundum gelungen!

Kategorie: Sachbuch. Paris
Verlag: Klett-Cotta, 2019

Kommentare

Emswashed kommentierte am 04. April 2019 um 07:43

Kalkutta liegt am Ganges
Paris liegt an der Seine
Doch dass ich so verliebt bin
.... das liegt an Deiner Rezension!

Ich dachte Wien sei die schönste Stadt?
 

wandagreen kommentierte am 04. April 2019 um 08:40

Wien hat mich noch nicht zu Gesicht bekommen. Ist sie es? Ich mag jedoch sehr gerne Wieder Lieder! Den ollen Schmäh hab ich gern!

wandagreen kommentierte am 04. April 2019 um 10:11

Wiener Lieder, natürlich.