Rezension

Sachlich-nüchtern erzählte Lebensgeschichte

Swing Time - Zadie Smith

Swing Time
von Zadie Smith

Bewertet mit 3 Sternen

Zwei kleine Mädchen, die die Liebe zum Tanz und zur Musik verbindet, werden die besten Freundinnen. Doch obwohl sich ihre Leben in gegenläufige Richtungen entwickeln, kreuzen sich ihre Wege immer wieder.
Berichtet wird die Geschichte der namenlosen Ich-Erzählerin, die von Beginn an in den Bann der dominanten, tanztalentierten Tracey gezogen wird. Zwar leben beide in einem eher ärmlichen Vorort Londons, doch ihr familiäres Umfeld unterscheidet sich deutlich. Während Tracey in einem sozial schwierigen Elternhaus groß wird (Mutter alleinerziehend, Vater kriminell, Bildung (außer Tanz) zweitrangig), entspricht die Familie der Ich-Erzählerin eher dem bildungsbürgerlichen Ideal. Insbesondere ihre Mutter, die aus Jamaica stammt, ist politisch interessiert und voller Wissensdurst und versucht diese Neigungen ihrer Tochter zu vermittlen, während ihr britischer Vater mehr für die emotionalen Belange zuständig ist.
Tracey macht Tanzen zu ihrem Beruf, ihre Freundin geht auf's College. Durch einen Zufall wird sie die persönliche Assistentin einer weltberühmten Sängerin und jettet fortan mit dieser durch die Welt, sodass die Freundinnen sich aus den Augen verlieren.
Tja, und mein Resümee? Ich tat mich schwer mit dieser Geschichte, die so nüchtern und sachlich erzählt wurde, als würde es sich um eine Dokumentation handeln. Nur war das Thema bei Weitem nicht so fesselnd wie man es von einer Solchen erwarten würde. Die Ich-Erzählerin ist ein eher farbloser Charakter, der sich sein Leben lang von Anderen sagen lässt, was zu tun ist: zuallererst die Mutter, dann Tracey und am Ende Aimee, die Sängerin. Auch die anderen Figuren hinterließen keinen großen Eindruck bei mir - vielleicht liegt es an der nüchternen Darstellungsweise, mit der sie beschrieben werden. Obwohl es in diesem Buch auch viel um Freundschaft geht, ist davon nur wenig zu spüren; Wärme und Nähe zu den ProtagonistInnen sind Mangelware.
Es gibt viele wichtige Themen, die in diesem Buch angesprochen werden, keine Frage: Rassendiskriminierung, Kindesmissbrauch, Verhältnis Arm-Reich undundund. Doch gemeinhin geht es nur einen Schritt in diese Richtung, das Meiste wird nur angedeutet, nichts mutet wirklich so wichtig an, dass es eine intensivere Betrachtung wert wäre. Vielleicht liegt es an dem, was die Protagonistin gegen Ende sagt: "Ich will nur für mich selbst verantwortlich sein." Dieser Satz scheint das Motto zu sein, das das ganze Buch durchzieht. So liest man diese durchaus gut geschriebene Lebensbeschreibung, die einen mit kaum einer Gefühlsregung zurücklässt und kann nur hoffen, dass der offene Schluss zu einem besseren Weiterleben der Ich-Erzählerin führt.