Rezension

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Schade drum

Segu - Maryse Conde

Segu
von Maryse Condé

Dieses Buch hätte vier Sterne oder mehr verdienen können. Hätte. Auf jeden Fall verstehe ich sehr gut, weshalb Condé der Alternative Literaturnobelpreis verliehen wurde. 

Der Anfang verzauberte mich richtig. Ich glaube, bisher noch nie einen historischen Roman gelesen zu haben, der sich vollumfänglich um Afrika dreht. Und zwar nicht aus der Sicht der Europäer, sondern aus der Perspektive der afrikanischen Bevölkerung. Ich liebte die Beschreibungen der Kultur, der Familienverhältnise, Gesellschaften. Auch beschreibt die Autorin, wie sich langsam der Islam ausbreitet und ganze Familien und Völker entzweit.

Doch nach etwa der Hälfte des Buches hat man als Leser diese Eindrücke aufgenommen und verarbeitet. Automatisch kümmert man sich nun mehr um die Figuren, die zuvor einfach vor dem schillernden Hintergrund vorbeigezogen sind.

Tja, ab da verläuft das Ganze im Sande. Denn kein einziger Charakter zeichnet sich irgendwie aus. Ich wusste eigentlich nie, wer wer war und was wieso tat. Es gab genau eine Figur, deren Lebensweg mich interessierte. Leider stirbt diese Person ziemlich schnell. Den anderen folgen wir viel länger und irgendwann nach der Hälfte des Buches war bei mir einfach die Luft raus. 

Ganz zu Ende war es für mich, als wir uns ewig bei Malobali aufhielten. Diesem Kinderschänder, der uns später vorjammert, wie schwer sein Leben doch sei. Überhaupt haben mich die Beschreibungen der Vergewaltigungen etwas skeptisch werden lassen. Entweder wurde das damals wirklich so hingenommen oder Condés Frauen leiden an ziemlich tiefen Traumata. Ein Opfer verliebt sich in ihren Schänder und das elfjährige Mädchen freut sich auf ihre Heirat mit Malobali...

"Segu" ist ein typischer Fall von zu viel auf einmal. Wären wir mit weniger Charakteren unterwegs gewesen und hätten uns nur auf z.B. auf zwei konzentriert, wäre dieses Werk ein Highlight in meiner Leseliste geworden. Denn ich habe wirklich viel Neues erfahren und tiefe Einblicke in eine mir völlig fremde Kultur erhalten. Der Abwärtstrend danach hat es mir aber völlig versaut und ich bin jetzt einfach nur froh, das Buch in die Bibliothek zurücktragen zu können...

Eigentlich wirklich schade.