Rezension

Schaffenskrise eines Weltliteraten

Der Sommer, in dem F. Scott Fitzgerald beinahe einen Kellner zersägte - Emily Walton

Der Sommer, in dem F. Scott Fitzgerald beinahe einen Kellner zersägte
von Emily Walton

Bewertet mit 5 Sternen

Wer die Goldenen Zwanziger und die damaligen Künstler F. Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway, Dorothy Parker und Pablo Picasso verehrt, wird dieses Buch lieben. Es berichtet über den Sommerurlaub der genannten Bohemiens in Südfrankreich, genauer in Juan-les-Pins. Im Mittelpunkt steht Scott Fitzgerald, der sich 1926 auf den Höhepunkt seines Schaffens befindet und gerade den "Großen Gatsby" veröffentlicht hat. Es werden die Sonnen- und Schattenseiten des damaligen Künstlerdaseins beleuchtet. Ob mondäne Partys, Alkoholexzesse oder exquisite Gesprächsrunden, der Leser bekommt ein gutes Gespür für die wilden Zwanziger vermittelt. Im charmanten, avantgardistisch angehauchten Plauderton lässt es sich gut von der Vergangenheit träumen. Stück für Stück wird man mit dem Verfall des genialen Schriftstellers Fitzgerald konfrontiert, der sich zeitlebens innerhalb Kunstszene als Aussätziger fühlte. Seine Freundschaft mit und seine Eifersüchteleien gegenüber Ernest Hemingway belegen Fitzgeralds Zerrissenheit. Labil, alkoholsüchtig und finanziell geschwächt kehrt er nach seinem Südfrankreichaufenthalt zurück in die Vereinigten Staaten. Und dass, obwohl er sich in Frankreich doch so wohl fühlte. Aber das französische Laissez-faire hat Spuren hinterlassen. Die Autorin Emily Walton überzeugt vor allem durch die realistisch in Szene gesetzte Verletzlichkeit von Fitzgerald. Man kann sich leicht mit dem dandyhaften Literaten treiben und mitreißen lassen. Gerade einmal 165 Seiten umfasst diese literarische Momentaufnahme. Für mich hätten es gut und gern etwas mehr Seiten sein können.

FAZIT
Eine gelungene literarische Zeitreise, die begeistert und viel zeitgenössisches vermittelt. Wer mehr über F. Scott Fitzgeralds Persönlichkeit erfahren möchte, sollte zu diesem kurzweiligen Roman greifen.