Rezension

Schatten der Vergangenheit

Der Schattenmörder - Alex North

Der Schattenmörder
von Alex North

Bewertet mit 3.5 Sternen

25 Jahre lang war Paul Adams nicht in seiner Heimatstadt. Jetzt liegt seine Mutter im Sterben und so kehrt er nach Gritten zurück. Mit dem Ort verbindet er düstere Erinnerungen. Damals ist ein Mord geschehen, und Charlie Crabtree, der einmal Pauls Freund war, verschwand spurlos. Was damals im Wald – in den Schatten – geschah, belastet Paul immer noch. Dann passieren seltsame Dinge. Pauls Mutter behauptet, dass jemand im Haus gewesen sei. Gleichzeitig wird in Featherbank ein Teenager von zwei Mitschülern ermordet. Der Fall weist erstaunliche Parallelen zum seinerzeitigen Mord in Gritten auf.

Der britische Schriftsteller Alex North hat nach dem Kinderflüsterer seinen zweiten Spannungsroman „Der Schattenmörder“ vorgelegt. North bedient sich eines altbekannten und bewährten Konzepts: ein längst vergangenes Verbrechen, eine Rückkehr nach langen Jahren Abwesenheit, Ereignisse aus der Vergangenheit wiederholen sich.

Pauls ganzes Leben folgt zwei Imperativen:

„Du musst wegen Charlie etwas unternehmen“

Paul und James waren beste Freunde, wobei Paul, der tatkräftige Bursche, den schüchternen und schmächtigen James immer unterstützte. Bis Charlie Crabtree und dessen Kumpane Bobby in Paul und James Leben treten. Charlie übernimmt sofort eine Führungsposition, ist charismatisch und manipulativ. Fast ehrfürchtig befolgt James alle Anweisungen Charlies, lässt sich in ein bösartiges, okkultes Spiel verwickeln. Paul fühlt sich zunehmend unbehaglicher, beginnt sich der Freundschaft zu entziehen. Doch als Paul endlich etwas gegen Charlie unternehmen will, ist es zu spät und etwas Schreckliches ist geschehen.

„Du hättest nicht kommen sollen!“

25 Jahre später: Pauls Mutter ist alt, verwirrt und nach einem Sturz kaum ansprechbar. Aber sie will Paul eindringlich davor warnen, dass wieder etwas Seltsames in Gritten passiert. Kann es sein, dass Charlie Crabtree noch am Leben ist und mit dem aktuellen Mordfall in Verbindung steht? Paul muss sich der Vergangenheit stellen, sich wieder in die Schatten der Erinnerung begeben.

„Die Siedlung Gritten Wood mochte nach diesem Wald benannt worden sein, aber wie allen anderen Einwohnern war er mir unter dem Namen »Shadows« bekannt….wir waren immer »in die Schatten« gegangen. »In den Wald« hätte nicht annähernd gefahrvoll genug geklungen.“

Es ist das herkömmliche Gerüst eines Spannungsroman, Erzählstränge von Damals und Heute wechseln sich ab. Alex North lässt Paul aus der Ich-Perspektive erzählen. Das ist klug gewählt, denn Pauls Sicht der Dinge ist subjektiv, er ist der klassische unzuverlässige Erzähler. Und wenn man glaubt, man hätte alles schon mal gelesen, kommt eine völlig unerwartete Wendung, die das bisherige Geschehen in einem ganz anderen Licht sehen lässt. Ich jedenfalls bin dem Autor voll darauf reingefallen, und dafür gebührt ihm meine Hochachtung. Norths kleine Hommage an den Meister des Genres, den König unter den Erzählern erfüllt seinen Zweck. Bei Stephen King hat Alex North wirklich gut aufgepasst.

Der überraschende Plottwist hat das Buch gerettet. Denn die Auflösung an sich war zwar schlüssig, aber doch sehr weit hergeholt.