Rezension

Schatten der Vergangenheit

Frostgrab -

Frostgrab
von Allie Reynolds

Bewertet mit 4 Sternen

Milla reist mit gemischten Gefühlen in die französischen Alpen. Zehn Jahre sind vergangen seit einem denkwürdigen Winter, zehn Jahre seit sie zuletzt auf einem Snowboard stand, sich auf die britischen Meisterschaften vorbereitete. Es war damals ein ereignisreicher Winter, und Milla trägt seitdem mindestens ein Geheimnis mit sich herum. Nun hat Curtis vorgeschlagen, dass sich die alte Clique noch einmal zusammenfindet. Kein anderer hätte es geschafft, Milla in die Vergangenheit zu locken. Doch dann stellt sich heraus, alle anderen dachten von Milla eingeladen worden zu sein. Warum ist das Panoramahaus auf dem Gletscher verlassen, wer versucht hier ein perfides Spielchen mit den Freunden von damals zu treiben? Schnell wird klar, Milla scheint nicht die einzige mit einem Geheimnis zu sein und irgendwie beschleicht die fünf bald ein ungutes Gefühl, dass nicht nur ein Schatten der Vergangenheit auf ihrem Treffen liegt, sondern eine sehr reale Bedrohung. Doch wie kann das sein? Jeglicher menschliche Verstand spricht dagegen, aber von Rationalität war auch schon damals in der Gruppe nicht viel zu spüren.

In abwechselnden Rückblenden und Kapiteln des aktuellen Geschehens führt die Autorin den Leser zurück zu den Ereignissen auf dem Gletscher in jenem schicksalhaften Winter vor zehn Jahren und in der Gegenwart. Sie entfaltet die persönlichen Beziehungen, Animositäten und Intrigen damals und heute. Gleichzeitig gibt es sehr viel Einblick in die sportliche Welt des Snowboardens, aber so, dass es auch komplett Außenstehende wie mich interessant bleibt. Was mir insbesondere gut gefallen hat, war die detaillierte Charakterzeichnung der Freunde und der Spannungsbogen vor allem im ersten Teil, der mich wirklich an das Buch fesselte. Die ersten Stunden in der Hütte, die unerklärlichen Vorkommnisse, Misstrauen und Angst, das alles war sehr gut aufgebaut. Auch der Einfallsreichtum der Autorin zu kleinen und großen, ungefährlichen und bedrohlichen Sticheleien, Intrigen und Sabotagen bis hin zu Hass fand ich beeindruckend – und hoffe für sie, dass sie da nicht aus irgendeinem Erfahrungsschatz aus ihrer eigenen Snowboard-Vergangenheit zehren konnte. Abgründe tun sich auf, menschlich und hier dann tatsächlich auch in Form von Gletscherspalten…   Im weiteren Verlauf hat das Buch dann schon so einige Längen, obwohl eigentlich permanent etwas passiert, aber das Überraschungsmoment ist dann eine zeitlang einfach weg, aber nicht so, dass man die Lust an der Lektüre verlöre. Es kommt aber zum Ende hin auch durchaus zurück und die Auflösung fand ich dann wieder sehr gelungen und auch insgesamt schlüssig – und zwar sowohl die der vergangenen als auch der aktuellen Storyline.

Fazit: ein guter Thriller um eine Clique, die nur einen Winter bestand und schon damals nicht frei von Konflikten war. Doch irgendjemand möchte nach langen Jahren noch einmal zurück. Verletzte Gefühle und Rache und spielen eine große Rolle, die nicht nur kalt, sondern eiskalt serviert werden soll. Ein starker Beginn und das Ende lassen einige Längen im Mittelteil verzeihen.