Rezension

Schau nicht in den Spiegel

Die Blutschule
von Max Rhode

Die Blutschule beginnt mit einem Eintrag in ein Patiententagebuch. Der mittlerweile erwachsene Simon schreibt dort alles nieder, was damals in Brandenburg am Storkower See geschehen ist. Warum er in Psychiatrie gelandet ist. Warum er seinen Vater zweimal hat sterben sehen. Und wieso er nicht mehr der fröhliche Teenager von damals ist. Die Art zu erzählen erinnert mich an alte Romane aus dem 20ten Jahrhundert. Ein erwachsener Erzähler, der über die damaligen Ereignisse reflektiert, der bereits weiß, wie die Geschichte ausgeht und dem Leser das durch kleine Einschübe immer wieder klar macht. Obwohl die Protagonisten Jugendliche sind, ist es die Erzählstimme des Ich-Erzählers Simon nicht. 

Die Blutschule beginnt harmlos. Der Umzug von Berlin nach Brandenburg passt den Teenagern zwar nicht und die dortige Clique macht ihnen das Leben schwer, aber noch ist alles normald und man kann sich kaum vorstellen, warum der erwachsene Simon den Tod seines Vaters herbeigesehnt hat. Doch als die Kinder auf den vermeintlich pädophilen Stotter-Peter treffen, der ihnen die Geschichte vom Seelenspiegel erzählt und sie durch seinen unsterblichen Hund Gismo belegt, wird deutlicher, in welch schreckliche Richtung sich Simons Geschichte bewegen wird. Der Seelenspiegel macht zwei Dinge mit jenen, die in ihn hineinblicken: er macht sie unsterblich. Und er kehrt ihre Seele um. Was einst gut war, wird böse, was schlecht war, wird gut. Was passiert wohl mit einem so herzensguten Mensch wie Simons Vater, wenn er hineinblickt?

Der Roman ist mit 255 Seiten recht kurz und die titelgebende Blutschule kommt erst in der zweiten Hälfte vor. Eigentlich spielt sie sogar eher eine untergeordnete Rolle, im Vordergrund steht der Seelenspiegel und das, was er mit den Menschen macht. Die Blutschule, in die Simon und sein Bruder Mark gelangen, ist nur eine Nebenwirkung des Spiegels. Eine grausige, blutige, unvorstellbar schreckliche Nebenwirkung, ins Leben gerufen durch eine verdrehte Seele. 

Das eigentlich interessante an Die Blutschule ist für mich gar nicht mal der Roman selbst, sondern viel mehr die Tatsache, dass der vermeintliche Autor Max Rhode in Wirklichkeit der Protagonist in Sebastian Fitzeks neuem Roman Das Joshua-Profil ist. Und nun frage ich mich, ob Die Blutschule in Das Joshua-Profil eine Erwähnung finden wird, ob es Insider geben wird, die man nur versteht, wenn man Die Blutschule gelesen hat. Als eigenständer Horrorroman ist Die Blutschule durchschnittlich gut. Die allzu blutigen Details werden absichtlich ausgespart, was ich gut finde. Aber Fitzek hätte sich etwas mehr Zeit lassen können,

Die Blutschule ist weder langweilig noch schlecht geschrieben, gehört aber bei Weitem auch nicht zu den besten Horrorromanen, die ich bisher gelesen habe. Ich denke, als Teil von Das Joshua-Profil und damit als Werk eines fiktiven Autors ist sie interessanter denn als eigenständiger Horrorroman.

(c) Books and Biscuit