Rezension

Schlechtes Vorbild für die junge Zielgruppe ​

P.S. I Still Love You - Jenny Han

P.S. I Still Love You
von Jenny Han

Bewertet mit 2 Sternen

Inhalt

Eigentlich hat Lara Jean nur vorgegeben, mit Peter eine Beziehung zu führen, doch dann haben beide festgestellt, dass sie Gefühle für einander haben. Ihre frische Beziehung steht jedoch noch immer im Schatten von Gens Eifersucht und Gerüchten, die über Lara Jean verbreitet werden.

 

Meinung

„To All the Boys I’ve Loved Before“, der erste Teil der Reihe um Lara Jean, hat mir wirklich gut gefallen. Die Idee war ungewöhnlich und süß und die Figuren zum Großteil liebenswert. Das Ende war zwar ein wenig offen, in meinen Augen aber genau richtig.
Wie schön wäre es, hätte es diesen zweiten Teil nie gegeben.

Wie in diesem Jugendbuch mit dem Thema Sex unter Jugendlichen umgegangen wird, ist eine absolute Katastrophe.
Nach den von Gen verbreiteten Gerüchten, Lara Jean und Peter hätten in der Nacht, in der sie sich im Whirlpool geküsst haben, miteinander geschlafen, ist Lara Jean das Gesprächsthema der Schule rum. Alleine die Tatsache, dass sich die Leute so sehr für einen Kuss zwischen zwei Personen, die (angeblich) eine Beziehung führen, interessieren, erschien mir unrealistisch.
Noch absurder wird es, als Lara Jean plötzlich von vielen Leuten an der Schule und im Internet als Schlampe beschimpft wird. Idioten gibt es überall, aber: 1. Wieso wird ihr vorgeworfen, angeblich mit Peter geschlafen zu haben, ihm aber nicht? 2. Wieso ist es in irgendeiner Form verwerflich, wenn eine 16-Jährige mit ihrem Freund schläft? Vor allem dann, wenn Gen dafür bekannt ist, schon in der 9. Klasse mit Peter Sex gehabt zu haben.
Als selbst eine Lehrkraft zu Lara Jean sagt, sie habe gedacht, sie sei „besser als das“ und ihr Vater ihr ebenfalls Vorwürfe macht, wurde es mir wirklich zu bunt.
Leider wurde fast alles, was an dieser Darstellung problematisch ist, im Buch kaum angesprochen. Die Sache „klärt sich“, als Peter sich für Lara Jean einsetzt, und nicht etwa, weil irgendjemand einsehen würde, wie absolut verstörend und falsch das Verhalten all dieser Leute ist.
Ich frage mich, was Jenny Han mit einer solchen Darstellung erreichen wollte. Jungen Mädchen Angst vor den ersten sexuellen Erfahrungen machen, indem sie zeigt, dass man dafür offensichtlich verachtet wird?

Leider ist auch die Beziehung von Lara Jean und Peter in meinen Augen sehr problematisch.
Was die beiden aneinander jemals gefunden haben, war mir das ganze Buch über schleiferhaft. In diesem Band besteht Ihre Beziehung hauptsächlich aus Eifersucht und Streit.
Während Peter in TAtBILB noch süß war, wird er selbst von Lara Jean in diesem Buch vor allem als arrogant und selbstverliebt beschrieben. Wieso sie es beispielsweise offenbar attraktiv findet, dass Peter sich in jedem Spiegel anschaut und sein Aussehen kontrolliert, wurde mir nie klar.
Die größte Belastung für die Beziehung der beiden ist natürlich Genevieve, allerdings nicht nur ihre Gerüchte, sondern vor allem die enge Beziehung, die sie noch immer zu Peter hat.
Letzterer nimmt überhaupt keine Rücksicht auf Lara Jeans Gefühle und verbringt weiterhin viel Zeit mit seiner Ex, auch bei ihr Zuhause und auch, als er schon recht sicher weiß, dass sie seine aktuelle Freundin (Lara Jean) cybermobbt und dass Lara Jean dieses Verhältnis wehtut. Als Lara Jean sich dagegen einmal mit einem alten Schulfreund trifft, wirft er ihr das direkt vor. Außerdem beschwert er sich bei Lara Jean, wenn sie nicht zu jedem seiner Lacrosse-Spiele kommt, obwohl er sich selbst wenig für ihr Leben und ihre Hobbys interessiert.
Kurz: Peter verhält sich unmöglich und Lara Jean lässt das ziemlich lange mit sich machen. Die meisten seiner problematischen Verhaltensweisen wirft sie ihm das ganze Buch über nicht vor und er selbst hat für sie auch nur Vorwürfe übrig, statt einmal etwas einzugestehen.
Selbst ist sie aber nicht viel besser, denn sie bringt Genevieve selbst ständig ins Gespräch und vergleicht sich andauernd mit ihr, was ebenfalls nicht zu einem guten Beziehungsklima beiträgt.
Obwohl sie an Peter hängt, verbringt sie später viel Zeit mit einem anderen Jungen, von dem ein Blinder sehen würde, dass er auf sie steht (wieso auch immer), und macht ihm Hoffnungen.
Generell verhält sie sich das ganze Buch über sehr naiv und kindisch, was zum Teil wohl auch realistisch ist, sie aber nicht zwangsläufig sympathisch macht.
Noch trauriger wird das Ganze, als John Ambrose McClaren, ein weiterer Empfänger von Lara Jeans Briefen, auftaucht und eine klischeehafte Dreiecksgeschichte entsteht.
Im Grunde wird die ganze Zeit gezeigt, wieviel besser John zu ihr passen würde. Er ist rücksichtsvoll, nimmt sich Zeit für sie, interessiert sich wirklich für sie und mag sie. Lara Jean hängt jedoch weiter aus unerfindlichen Gründen an Peter und bis zum Ende klären die beiden nie die Dinge, die zwischen ihnen falsch laufen.

Die Figur der Genevieve wird in diesem Buch auch ein wenig genauer beleuchtet, doch was man über sie erfährt entschuldigt oder erklärt immer noch in keinster Weise ihr biestiges Verhalten Lara Jean gegenüber.
Die Entwicklung von Kitty hat mich ebenfalls enttäuscht. Im ersten Teil war sie noch frech, klug und auf ihre Art charmant. In diesem Buch ist sie vor allem selbstbezogen, unverschämt und nimmt keinerlei Rücksicht auf die Gefühle anderer. Zudem hängt sie erschreckend viel vor dem Fernseher und scheint kaum andere Hobbys zu haben.
Zum Glück gibt es auch noch einige sympathische und niedliche Nebenfiguren, beispielsweise Lucas, der mittlerweile ein guter Freund für Lara Jean wird, die beiden Rentnerinnen Stormy und Alicia oder, wenn es nicht gerade um Sex geht, auch der Vater der Song Girls.

 

Fazit

Insgesamt hat mich der zweite Teil der Reihe um Lara Jean und Peter leider schwer enttäuscht. Mit dem Thema Sex unter Jugendlichen wird unmöglich prüde, unrealistisch und sexistisch umgegangen und die Beziehung der beiden ist absolut ungesund, wobei die meisten unmöglichen Verhaltensweisen leider nie problematisiert werden. Für junge Leser*innen ist eine solche Geschichte in meinen Augen leider ein sehr schlechtes Vorbild.