Rezension

Schließe deine Augen und stell dir vor, dass du sie nie mehr öffnen darfst!

Der Fluss - Deine letzte Hoffnung - Josh Malerman

Der Fluss - Deine letzte Hoffnung
von Josh Malerman

Bewertet mit 5 Sternen

Malorie lebt mit ihren beiden Kindern in einem Haus. Die Fenster sind abgedunkelt, die Kinder schlafen in Betten, die mit einem verhangenen Drahtgitter bedeckt sind und müssen dabei Augenbinden tragen. Auch Malorie trägt diese Binde, sobald sie auch nur einen Fuß vor die Tür setzt. Denn außerhalb lauert etwas und man darf es nicht ansehen. Unter keinen Umständen! Viel zu viele haben dies erst zu spät bemerkt, weshalb Malorie alleine ist. Sie hat schon seit vier Jahren mit niemand anderem als ihren Kleinkindern mehr gesprochen. Doch jetzt, heute muss es sein, sie müssen das Haus verlassen.

Eigentlich ist das Grundgerüst von “Bird Box: Schließe deine Augen” recht simpel gestrickt, funktioniert in meinen Augen aber wunderbar. Jeder kennt Situationen, in denen man auf unbekanntem Terrain ist, es ist dunkel und man hört Geräusche, die man nicht zuordnen kann. In unserer Welt verschaffen wir uns Licht und gehen dem auf den Grund. Malorie kann dies jedoch nicht, wenn sie überleben möchte. Man muss sich also nur vorstellen, dass man die Augen schließt und unbedingt geschlossen halten muss. Man muss sich auf seine anderen Sinne verlassen, die einfach nicht entsprechend ausgebildet sind. Zudem ist der Mensch mit Neugier gesegnet (oder gestraft). Du bist also in einem unbekannten Raum und hörst etwas. Hörst du etwas? Du darfst aber nicht die Augen öffnen, unter keinen Umständen. Niemals.

Erzählt wird genau diese Geschichte in zwei Ebenen. Einmal ist Malorie alleine mit ihren zwei vierjährigen Kindern in einem abgedunkelten Haus und versucht zu überleben. Zudem wird der Ausbruch dieses Phänomens beschrieben, der die Menschen dazu zwingt die Augen zu schließen. Beide Zeitebenen springen kapitelweise und ergänzen sich sehr gut, so dass für mich ein Lesesog entstand, dem ich mich nicht entziehen konnte. Was genau löst die tödliche Raserei aus, die die Menschen befällt, die hingesehen haben? Wie soll man dies herausfinden, wenn man nicht hinsehen darf? Wie soll man generell sein Leben meistern, wenn man blind in einer unbekannten Welt herumstolpern muss, wo jedes unbekannte Geräusch Gefahr bedeuten kann?

Malorie als Protagonistin ist zuerst ziemlich unbekümmert, lässt sich schwängern und hat, als sie dies feststellt, bereits den Kontakt zum Vater so gut wie verloren. Sie und ihre Schwester Shannon leben zusammen, als die ersten Berichte über seltsames Verhalten einiger Menschen in die Öffentlichkeit gelangen. Malorie muss sich in dieser neu entstehenden Welt entwickeln. Sie wird zu einer Mutter, die ihre Kinder zwar liebt, diese jedoch auch mit drastischen Methoden auf das neue Leben einschwören muss. Angst und Paranoia sind nun vorherrschend, gefordert wird Erfindungsreichtum, Risikobereitschaft, aber auch absolute Vorsicht und Disziplin.

Ich konnte mich sehr gut in alles hineinversetzten, auch wenn ich mich in meiner Gott sei Dank sehenden Welt teilweise sehr schockiert über einige Methoden gezeigt habe. Malorie ergeht dies jedoch ebenso. Die Geschichte hat mich wirklich gepackt und nicht mehr losgelassen und konnte ihre Paranoia sehr gut übertragen. Ein klasse Debüt des Autors Malerman. Das Buch sollte man übrigens auch mal in einem abgedunkelten Raum betrachten. Für den Horrorsplatterleser ist dieses Buch eher weniger etwas, wer die Angst aber unter die Haut kriechen spüren mag, wer bald ebenso das Ungewisse fürchten möchte wie Malorie, der sollte dieses Buch schnellstmöglich lesen.

Moment, was war das für ein Geräusch?