Rezension

Schmökeriger Unterhaltungsroman mit interessanten Themen und amerikanischem Patriotismus

Alles, was wir sind - Lara Prescott

Alles, was wir sind
von Lara Prescott

Bewertet mit 3 Sternen

Dieser Roman erzählt abwechselnd von den Geschehnissen in der CIA sowie von den Geschehnissen um Olga, der Geliebten Pasternaks, die zur Erscheinung des Romans "Doktor Shiwago" führten, für den Pasternak den Nobelpreis erhielt. Der erzählte Zeitraum umfasst die Jahre 1949 – 1961.

Der Erzählstrang um die Stenopistinnen der CIA und die weiblichen Spione gefiel mir ausnehmend gut. Die Anekdoten und Beschreibungen der Frauen fand ich wirklich toll, auch die Verwebung der ganz modernen Stoffe wie Frau -Sein, Machtgefälle Mann -Frau, Gewalt gegen Frauen und Homosexualität fand ich sehr gelungen. Hier zeichnete sich ein feiner weiblicher Humor ab und es wurde gefühlvoll erzählt.

Allerdings wurde auch ein gewisser Patriotismus deutlich, da die CIA doch recht positiv geschildert wird: stets im Auftrag schreckliche Diktaturen zu stürzen und Menschen die Freigheit zu bringen. Nun ja.

Der Part um Olga und Pasternak nimmt weniger Raum ein und ich fand ihn weit weniger gelungen. Beide waren mir weder sympathisch noch nahbar. Es fehlte hier die Tiefe der Figuren und auch der genauer gezeichnete Kontext, in dem sich beide bewegten. Natürlich war die Zeit unter Stalin düster, aber irgendwie wurde alles recht schwarz und stereotyp gezeichnet.

Der Roman ist in einer einfachen Sprache verfasst und wartet mit vielen Details, leider auch häufig Belanglosigkeiten auf. Somit gerät die Lektüre recht anschaulich, aber hin und wieder auch langweilig. Die Detailfülle macht es zudem schwer zu erkennen, was nun Fiktion und was Nonfiktion ist. Die Charaktere bleiben insgesamt eher flach und ein wenig Kitsch findet man auch.

Ein richtiger Lesesog konnte sich leider nicht entfalten, wenn gleich es durchaus recht spannende und auch interessante Abschnitte gab. Der Weg, wie "Doktor Shiwago" veröffentlicht werden konnte, ist sehr genau und aufschlussreich beschrieben. Zudem erhält man einige Denkanstöße. An vielen Stellen wird nämlich deutlich, welche Folgen Entscheidungen für das eigene Leben, aber auch das Leben anderer haben können. Sichtbar wird, wie beschränkt Handlungsmöglichkeiten in einer Diktatur sind und wie Menschen zu reinen Marionetten im Ränkespiel der Staaten und Geheimdienste werden. Sehr faszinierend fand ich, wie hoch damals die Bedeutung eines Buches gewichtet wurde, welches als "Waffe" gesehen wurde und es die Überzeugung gab, "dass Literatur den Lauf der Geschichte ändern kann".

Insgesamt hat sich die Autorin sehr große Themenkomplexe vorgenommen, deren Umsetzung ihr jedoch nur teilweise gelang. Ich denke, sie hätte sich auf einen Erzählstrang konzentrieren und diesen tiefgründiger beleuchten sollen.